Kurier

Engpass bei Impfstoffe­n

Pharmaindu­strie. Drei Produkte sind in Österreich aktuell nicht verfügbar. Grund dafür sind die eng kalkuliert­en Kontingent­e und die wenigen Firmen, die die Wirkstoffe herstellen.

- VON LISA RIEGER

„Sehr geehrte Kunden! Leider sind aufgrund von Lieferengp­ässen die unten aufgeführt­en Impfstoffe nicht verfügbar…“, steht auf einem Schild beim Tropeninst­itut in Wien-Josefstadt. „Im Moment sind Impfstoffe gegen Polio/Diphtherie/Tetanus/Keuchhuste­n, Hepatitis A für Erwachsene und Polio zum Teil nicht erhältlich“, erklärt Empfangsda­me Anna Schied am Schalter. Und dieses Problem betrifft nicht nur das Tropeninst­itut.

„Leider gilt der Engpass der Impfstoffe für ganz Österreich. Ausgenomme­n ist das Kinderimpf­programm (für

Kinder bis 15 Jahre, Anm.), für dieses Kontingent ist gesorgt. Aber am freien Markt fehlen immer wieder gewisse Impfstoffe“, sagt Ursula Wiedermann, ärztliche Leiterin der Spezialamb­ulanz für Impfungen an der MedUni Wien.

Die Engpässe kommen durch die Produktion­sbedingung­en zustande: „Durch Zusammenle­gungen von Firmen gibt es nun nicht mehr so viele, die Impfstoffe herstellen. Oft produziert nur eine einzige Firma einen Impfstoff, die dann den ganzen Markt – europa- und weltweit – bedienen muss“, erklärt Wiedermann. Da Österreich ein kleines Land sei, habe es keine hohe Priorität; größere Absatzmärk­te würde man zuerst bedienen. Diese Problemati­k bestehe bereits seit ein paar Jahren. Gerade zur Reisezeit falle es aber vermehrt auf. „Die Herstellun­g von Impfstoffe­n ist nicht mit der von Medikament­en zu vergleiche­n. Sie dauert bis zu zwei Jahre. Wenn es plötzlich einen höheren Bedarf gibt, kann nicht einfach rasch mehr produziert werden“, sagt Barbara MasserMaye­rl, die Sprecherin von GSK, einem der Hersteller von Impfstoffe­n.

Weltweit wird genau geplant, wie viel Impfstoff hergestell­t wird. Mit Regierunge­n werden die Größen der Kontingent­e vereinbart, die aufgrund von Geburtenra­ten errechnet werden. „Wenn ein Land einen höheren Bedarf hat, kann ihm nicht mehr gegeben werden, weil es dann anderen Ländern fehlt“, erklärt MasserMaye­rl.

Alternativ­en

Wiedermann erklärt die Vorgehensw­eise, wenn sich ein Engpass abzeichnet: „Dann wird gemeinsam mit der Regierung und dem Impfgremiu­m bestimmt, wie die Impfversor­gung dennoch aufrecht erhalten werden kann.“Im aktuellen Fall etwa, wo das Vierfach-Präparat für Polio, Diphtherie, Tetanus und Keuchhuste­n nicht verfügbar ist, wird auf eine Dreifach-Kombinatio­n zurückgegr­iffen – und Polio extra geimpft. Eine Alternativ­e ist, auf Keuchhuste­n zu verzich- ten, was jedoch wegen des Anstiegs der Zahl der Erkankunge­n eher ungünstig sei.

„Richtig problemati­sch wird es, wenn Polio (Kinderläh

mung, Anm.) gänzlich nicht verfügbar ist. Dann ist es ein richtiges medizinisc­hes Problem – derzeit ist es ein logistisch­es“, sagt Rudolf Schmitzber­ger, Impfrefere­nt der Ärztekamme­r.

Statt des Impfstoffs Hepatitis A für Erwachsene könne jener für Kinder verwendet werden. „Man kann also Alternativ­en finden, aber es ist nicht immer der optimale Impfschutz“, sagt Wiedermann. Im Laufe der Zeit sei es laut Schmitzber­ger auch schon zu Engpässen im Kinderimpf­programm gekommen. Der aktuelle Engpass bestehe seit etwa einem halben Jahr. Leider senke es das Vertrauen in den Arzt, wenn Impfstoffe nicht vorhanden seien, sagt Wiedermann: „Die Impfbereit­schaft ist ohnehin nicht optimal. Mit den Engpässen ist das keine gute Entwicklun­g.“

Wann die Stoffe wieder verfügbar sind, ist übrigens unklar.

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Schmitzber­ger betrachtet es vor allem als logistisch­es Problem

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