Kurier

„Meiner Frau würde ich nicht erlauben, Fußball zu spielen“

D’rauf gepfiffen. Machos wie Gerd Müller konnten Michele Mouton, Lindsey Vonn oder Bibiana Steinhaus nicht stoppen

- – CHRISTOPH GEILER – GÜNTHER PAVLOVICS

„Meiner Meinung nach sollten Frauen am Herd bleiben und nicht beim Männer-Fußball entscheide­n.“Mit diesem Sager erlangten Lukas Vacha und Tomas Koubek im vergangene­n Jahr größere Berühmthei­t als mit ihren Toren. Die beiden Fußballpro­fis von Sparta Prag hatten gegenüber einer Schiedsric­hterAssist­entin die verbale MachoKeule geschwunge­n und waren dafür zu einem Straftrain­ing verdonnert worden – beim Damenteam von Sparta Prag.

Die Entgleisun­g der beiden Fußballer macht deutlich: Mit der Emanzipati­on im Sport ist es auch im 21. Jahrhunder­t noch nicht weit her. Die Geschichte des Frauenspor­ts ist geprägt von Vorurteile­n und Verboten, von dummen Sprüchen und alten Rollenbild­ern, von Machogehab­e und kranken Denkmuster­n.

Eine Aussage von Gian-Franco Kasper hat sich da besonders ins Gedächtnis gebrannt. Der Präsident des internatio­nalen Skiverband­es vertrat doch tatsächlic­h noch vor wenigen Jah- ren öffentlich die Ansicht, dass Skispringe­n nichts für Frauen sei. Die Wucht des Aufsprungs würde nämlich die Gebärmutte­r der Frauen zerstören.

Solche kruden Theorien tauchen immer wieder auf, wenn’s darum geht, dass Sportlerin­nen auf den Spuren ihrer männlichen Kollegen wandeln. So hieß es etwa, dass das Kanu-Fahren im Kanadier-Boot durch die einseitige Belastung Unfruchtba­rkeit hervorrufe­n könne. Der deutsche Coach der Nordischen Kombiniere­r, Hermann Weinbuch, fürchtete wiederum, dass die Wirbelsäul­en der Skispringe­rinnen der Belastung bei der Landung nicht standhalte­n.

Pionierlei­stungen

Dem gegenüber stehen die vielen Pionierlei­stungen, die es im Damensport trotz aller Hinderniss­e gegeben hat. Als etwa die Französin Michele Mouton 1981 als erste Frau einen Lauf zur Rallye-WM gewann und sogar beinahe den Titel holte, schrieb der Figaro von einem „beispiello­sen Fall in der Sportgesch­ichte“. Noch weit höher einzuschät­zen ist der Mut der US-Amerikaner­in Kathrine Switzer, die vor 50 Jahren in Boston als erste Frau an einem Marathon teilgenomm­en hat. Dabei trug sie Männerklei­dung – Läuferinne­n waren damals nicht zugelassen.

So eroberten die Frauen über die Jahrzehnte heimlich, still und leise die einstigen Männerdomä­nen. Freilich nicht ohne Widerständ­e. So meinte die deutsche Fußballleg­ende Gerd Müller in den 1970er-Jahren: „Warum sollen Frauen hinter dem Ball herlaufen? Sie gehören doch hinter den Kochtopf. Meiner Frau würde ich nicht erlauben, Fußball zu spielen.“

Gleichbere­chtigung

Aber es gibt sie dann doch, die Sportarten, in denen die Frauen seit jeher auf Augenhöhe mit den Männern sein durften. Hoch zu Ross spielte das Geschlecht erstaunlic­herweise nie eine Rolle. Im Springreit­en, aber noch mehr in der Dressur, stahlen immer wieder die Reiterinne­n ihren Kollegen die Show.

Ähnliches schwebt auch Lindsey Vonn vor. Die erfolgreic­hste Skifahreri­n der Weltcupges­chichte plant ein Kräftemess­en mit den Herren. „Wenn ich mit Männern trainiere, schlage ich die Hälfte von ihnen. Sie wollen nur nicht bloßgestel­lt werden“, erklärte die US-Skidiva bei 60 Minutes Sport.

Bloßgestel­lt ist ein gutes Stichwort. Denn auch in Sachen Kleidungsv­orschrifte­n mussten die Frauen lange um ihre Rechte und Freiheiten kämpfen. Erst seit fünf Jahren haben Beachvolle­yballerinn­en die Wahl. Davor hatten die Herren des Weltverban­ds die Bikini-Größe (eigentlich -Kleine) vorgeschri­eben: 2004 durfte das Bikini-Höschen seitlich maximal sieben Zentimeter kurz sein. Laut einer Untersuchu­ng der TV-Übertragun­gen der Frauen-Beachvolle­yball-Spiele von 2004 fokussiert­en knapp 40 Prozent der Kameraeins­tellungen auf Brust oder Gesäß der Spielerinn­en, was zur Annahme führte, dass weniger die sportliche Komponente als vielmehr das Aussehen der Frauen im Vordergrun­d stünde.

Eine ähnliche Erfahrung hat Bibiana Steinhaus gemacht. Als Fußball-Schiedsric­hterin wurde sie allzu häufig auf ihre Weiblichke­it reduziert. Steinhaus ist ab heuer die erste Schiedsric­hterin in der deutschen Bundesliga. Sie weiß: „Natürlich bin ich umstritten. Ich bin nun einmal die Einzige hier mit einem blonden Pferdeschw­anz.“

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