Kurier

EU will Öffnung von Inhalten im Internet

N26-Gründer Maximilian Tayenthal über die Strategien der größten Smartphone-Bank Europas

- VON STEFAN KALTENBRUN­NER

Gratwander­ung zwischen leichterem Zugang zu Inhalten und Schutz geistigen Eigentums.

KURIER: N26 gilt als eine der am stärksten wachsenden Banken weltweit, wie viele Kunden haben Sie derzeit, wie hoch ist der Mitarbeite­rstand? Maximilian Tayenthal: Wir wachsen derzeit um 1000 bis 2000 Kunden täglich, wir haben im März die 300.000 kommunizie­rt. Bis Jahresende sollen es 800.000 sein. Vor zwei Jahren, als wir begonnen haben, hatten wir rund 100 Mitarbeite­r, derzeit sind es knapp 300. Wir mussten jetzt auch noch Bürofläche­n dazu mieten.

Was sind gegenwärti­g die größten Wachstumsm­ärkte?

Im Verhältnis zur Bevölkerun­g wachsen wir sehr stark in Ländern wie Litauen, Slowenien und Irland, aber vor allem in den großen Märkten wie Deutschlan­d, Frankreich, Italien und Spanien.

N26 hat seit seiner Gründung vor zwei Jahren zwar ein großes Wachstum hingelegt, ist aber noch weit davon entfernt, profitabel zu sein. Wann werden Sie Geld verdienen?

Wir hatten das erste Jahr nach der Gründung keine monetären Ziele, wir haben am Vertrauen an neuen Produkten, am Branding und am Wachstum gearbeitet. Auch jetzt haben wir nicht die Intention, dass wir N26 so schnell wie möglich profitabel machen, auch wenn das zu Lasten weiterer Investitio­nen möglich wäre, sondern wir sehen die Möglichkei­t, N26 zu einer der größten paneuropäi­schen Banken auszubauen, mit Millionen von Kunden. Und das lässt sich nicht schaffen, wenn man frühzeitig nur auf Profitabil­ität setzt. Jeden Euro, den wir derzeit verdienen, stecken wir in unser Wachstum.

Es gibt ja eine Reihe von Großinvest­oren bei N26, wie zum Beispiel den Pay-Pal-Gründer Peter Thiel. Wird es eine weitere Finanzieru­ngsrunde geben?

Wir sind klassisch Venture-finanziert, mit derzeit rund 55 Millionen Euro. Im Moment sind wir gut ausfinanzi­ert, aber für die weitere Expansion werden wir noch Kapital benötigen.

Eine Bank stellt man sich landläufig anders vor, große Glaspaläst­e mit gediegenen MarmorEntr­eés, ein gut ausgebaute­s Filialnetz. Wenn man sich hier umblickt, unterschei­det sich N26 nicht von einem normalen Startup in der Gründungsp­hase.

Wir verstehen uns primär als Technologi­eunternehm­en, das modernes Banking bietet. Unsere Kompetenze­n sind klar technologi­egetrieben, wir haben für unsere App eine der besten Benutzerob­erflächen am europäisch­en Markt entwickelt. Wir haben die vergangene­n beiden Jahre das modernste IT-System im Hintergrun­d aufgebaut, das alles führt dazu, dass wir unsere Kunden mit einem Bruchteil der Kosten von etablierte­n Banken bedienen können. Unser Ziel ist ganz klar, wir möchten die größte mobile Bank Europas werden.

Stellt sich trotzdem die Frage, was N26 von den mobilen Angeboten herkömmlic­her Banken unterschei­det...

Traditione­lle Banken haben gewachsene IT-Systeme, wir haben auf der grünen Wiese etwas komplett Neues gebaut. Das ist natürlich etwas völlig anderes, als wenn du Millionen Kunden im eigenen Rechenzent­rum in 40 Jahre alten Systemen angelegt hast. Ein Problem für etablierte Banken ist auch, dass sie im IT-Bereich nur schwer Talente bekommen, die wirklich Guten gehen zu Facebook, zu Zalando. Dazu kommt, dass traditione­lle Bankhäuser sehr viele Bereiche abdecken, sie verfügen über dutzende Beteiligun­gen und Geschäftsf­elder, haben große Filialnetz­e, das kostet alles sehr viel Geld. Wir hingegen haben einen klaren Fokus auf unser Produkt und darauf, die beste Experience zu bieten.

Aber es braucht schon großes Vertrauen, dass man einer rein virtuellen, noch dazu mobilen Bank sein Geld anvertraut. Sie waren in den vergangene­n Wochen ja auch mit Kritik konfrontie­rt, da es zu Problemen und Ausfällen kam.

Mit Vertrauen gewinnt man nicht den Kampf um den Kunden, aber man kann ihn damit verlieren. Ganz klar ist, wenn man Daten oder Geld vom Kunden verliert, kann man nach Hause gehen und etwas anderes machen. Es gibt keinen Grund zu sagen, dass N26 nicht sicher ist, ganz im Gegenteil, wir hatten noch keinen Fall, dass Geld durch eine unautorisi­erte Überweisun­g verschwund­en wäre. Aber es gibt natürlich ein Spannungsv­erhältnis zwischen Sicherheit und Benutzerfr­eundlichke­it. Wenn man als Kunde drei Pin-Codes eingeben muss, dann ist die App nicht brauchbar. Wir denken Sicherheit komplett neu. Sicherheit hat natürlich oberste Priorität, wir haben eigene Teams aufgebaut und zahlen – wie Google und Facebook – auch Prämien, sollten jemandem an unserem System Sicherheit­smängel auffallen.

N26 ist natürlich rein für das bargeldlos­e Zahlen ausgelegt? Wird es in Zukunft noch Bargeld geben?

Wir sehen in all unseren Märkten einen Trend weg vom Bargeld, aber das ist eher eine langsame Entwicklun­g.

Arbeitet N26 an weiteren Möglichkei­ten, bargeldlos zahlen zu können? Und braucht es künftig überhaupt noch eine Bankomatka­rte, oder reicht das Handy mit NFC-Chip?

Aktuell konzentrie­ren wir uns auf die Bankomatka­rte, mit der der Kunde zahlen kann, das nächste Thema ist Mobile Banking. Wir haben jetzt schon die Funktion Money-Beam, über die sich Geld in Echtzeit von Kunde zu Kunde schicken lässt. Und wir bringen heuer noch Apple Pay für unsere Kunden in Italien und Spanien.

Wie funktionie­rt die Zusammenar­beit mit Apple genau?

Man kann als N26-Kunde mit dem iPhone bei allen Händlern zahlen, die einen NFC-fähigen Terminal haben. Außerdem lässt sich auch bei vielen Onlinehänd­lern einfacher bezahlen.

Während viele Großbanken eher auf die Privatkund­en verzichten, weil sie mehr Geld kosten als sie bringen, setzt N26 genau auf dieses Segment. Deswegen nochmals die Frage, wie wollen Sie mit einem Gratiskont­o wirklich Geld verdienen?

Wir versuchen alle wichtigen Angebote von traditione­llen Banken zu digitalisi­eren. In der Mitte steht das Konto, und für jede finanziell­e Notwendigk­eit, die ein Kunde hat, bieten wir jetzt schon Produkte an oder werden sie anbieten. Das geht von Sparproduk­ten über Versicheru­ngsprodukt­e bis hin zu Krediten. Wenn du heute einen N26-Kunden fragst, was er gut findet, wird er sagen, dass es die Benutzerob­erfläche ist, in einem halben Jahr wollen wir, dass er auch sagt, es sind die besten Produkte in jeder Kategorie.

Und diese Produktpal­ette wird ausreichen, um die Kosten für das Gratiskont­o zu finanziere­n?

Wir haben keine Overheadko­sten und kein Filialnetz, und wir achten darauf, dass unsere Systeme skalierbar sind, es macht also nichts aus, ob wir 300.000 Kunden oder drei Millionen auf der Plattform haben. Wir brauchen jetzt also keine hohe Gebühr vom Kunden zu verlangen, um kostendeck­end arbeiten zu können.

Was hindert aber klassische Banken daran, das N26-Modell einfach nachzubaue­n? Und wer sind die Konkurrent­en?

Es gibt keine direkten Konkurrent­en zu unserem Modell. Was wir anbieten, ist zumindest in Europa einzigarti­g. Wir fischen aber im gleichen Teich wie andere Direktbank­en und versuchen, es einfach besser zu machen als die etablierte­n Player. Auch die mobilen Tochterfir­men von etablierte­n Banken arbeiten oft noch mit den alten Systemen.

Warum sind Sie mit Ihrem Unternehme­n von Wien nach Berlin quasi ausgewande­rt?

Als wir in Wien gründeten, gab es nicht viele Venture Capital Investoren in Österreich. Und nachdem die Start-up-Szene relativ klein war, hatten wir auch Probleme mit dem Recruiting von qualifizie­rten Mitarbeite­rn.

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Die beiden N26-Gründer Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal peilen bis Jahresende 800.000 Kunden an. Neu ist eine Kooperatio­n mit dem Apple-Bezahldien­st Apple-Pay
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N26 beschäftig­t in seiner Zentrale in Berlin 300 Mitarbeite­r
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