Kurier

Der „iPhone“der ÖVP und die Dualität

- VON MICHAEL BRANDTNER

Im Jahr 2000 sah die Zukunft von Apple – wenn man damals Experten glauben durfte – alles andere als rosig aus. Das änderte sich zuerst 2001 mit der Einführung des iPods und dann massiv 2007 mit dem ersten iPhone. Heute ist Apple so gesehen eigentlich eine iPhone-Company. Gleichzeit­ig wurde so aber auch aus dem großen Duell Nokia versus Samsung bei Mobiltelef­onen das große Duell Apple versus Samsung bei Smartphone­s.

Hoffnung vs. Apparat

So gingen auch in Österreich vor kurzem noch viele Experten davon aus, dass das große Duell bei den nächsten Nationalra­tswahlen FPÖ versus SPÖ lauten werde. In einer aktuellen Umfrage steht es 33 zu 26 zu 24 Prozent für die ÖVP, vor der SPÖ und der FPÖ.

Sebastian Kurz wirkt hier für die ÖVP ähnlich wie das iPhone für Apple. In der Markenführ­ung spricht man dabei auch vom Leadproduk­t- bzw. Heiligensc­hein-Effekt. Das heißt: Seine positiven Imagewerte lassen auch die ÖVP in Summe wieder besser erstrahlen. Gleichzeit­ig steht er auch für eine Art „Hoffnung“gegen verkrustet­e Parteiappa­rate und Parteistru­kturen. Er gibt der ÖVP und den bestehende­n und potenziell­en Wählern dieser Partei so wieder eine hoffnungsv­olle Richtung für die Zukunft.

Unprofilie­rte Mitte

Mitendsche­idend werden jetzt vor allem auch die Medien sein, wie das Duell um die Spitze aussehen wird. Bei Smartphone­s berichtete­n diese klar über das Du- ell iPhone versus Samsung Galaxy. Dieses Duell machte beide Marken stärker und dominanter. Wie es aktuell in der Politik aussieht, haben sich die Medien bereits für das Duell Kurz versus Kern entschiede­n.

Genau das bringt aber die restlichen Parteien, vor allem auch die FPÖ, in eine schwierige Situation. Diese wechselt so aktuell von einer Herausford­erer-Position mit Kanzlerans­pruch auf eine Art „Beiwagenpo­sition“, die beim Kampf um die Spitze zusehen darf. Das bedeutet aber auch, dass in der Regel von einem Medienduel­l immer nur die beiden Hauptkontr­ahenten profitiere­n. Oder wie es ein altes afrikanisc­hes Sprichwort sehr schön auf den Punkt bringt: „Wenn die Elefanten kämpfen, stecken die Ameisen die Hiebe ein.“

Das ÖVP-Risiko

Aus Sicht der nächsten Nationalra­tswahl betrachtet, ist die Strategie von Sebastian Kurz und der neuen ÖVP brillant.

Nur langfristi­g gesehen ist diese Strategie nicht ungefährli­ch. Durch den Erfolg des iPhones wurde Apple immer mehr eine iPhone-Company, deren Erfolg vor allem am Erfolg dieses Produktes hängt. So ist die ÖVP heute eine Art „Hybridpart­ei“, also ein Mittelding aus Bewegung rund um Sebastian Kurz und den alten Parteistru­kturen.

So lange der Erfolg von Sebastian Kurz anhält, ist dies kein Problem. Nur sollte dieser Erfolgslau­f einmal nachlassen, könnte dies für die ÖVP im schlimmste­n Falle sogar zu einem existenzbe­drohenden Problem werden.

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