Die seltsame Reise des Wittgenstein-Häuschens
„Die Logik ist ein Hund“. Für den Philosophen lag Österreich an einem norwegischen Fjord
Wo geht’s hier zum Genie? Ein hölzerner Wegweiser mit der Aufschrift „Wittgenstein“schickt uns in den Wald und dann einen steilen Abhang hinauf. Und oben weht ein rot-weiß-roter Wimpel.
„Immer wenn Wittgenstein hier in seinem Häuschen mit dem fantastischen Blick in die Natur, Berge, Wälder und Wasserfälle, aber in totaler Abgeschiedenheit arbeitete“, erzählt der Lokalhistoriker Harald Vatne in Skjolden, „dann sagten die Dorf bewohner: Der Philosoph ist in Österreich.’“
„Unglaublich“, sagt Kjetil Trædal Thorsen, Mitbegrün- der des weltweit aktiven Architekturbüros Snøhetta, „er hat sich eine Stelle ausgesucht, wo es neben der Vertikale der Berge zwei Horizonte gibt, die Oberflächen des Sees, aber auch des Fjords.“
1950 war Wittgensteins letzter Besuch in Skjolden am Ende des malerischen Lustrafjords. Eigentlich hatte er vor, sich längere Zeit in Norwegen niederzulassen, aber bereits ein Jahr später starb er. Sein etwa acht mal acht Meter großes Holzhäuschen in Østerrike am Fjord hatte er einem Einheimischen geschenkt. Der holte es ein paar Jahre später vom Hang, wo heute nur noch das Steinfundament übrig ist, und ließ es am Ortsrand wieder aufstellen. Wo es bis heute steht.
„Der Originalzustand ist zu 90 Prozent erhalten“, sagt Vatne. Ohne Balkon, aber dafür mit Eternitverkleidung steht das Haus jetzt da. Sogar die Originalfenster sind noch in einem Schuppen gelagert.
Wo einer einmal die Gesetze der Logik lösen wollte, gehorchen Vatnes Pläne einer durchaus eigenen Logik. Mit Lokalpolitikern und Philosophen der Uni Bergen, unterstützt von Schriftstellern wie Jon Fosse und Jostein Gaarder, soll das Häuschen bereits 2018 wieder dort errichtet werden, wo es einst stand. Auf dass dann die Welt dorthin komme, wohin Wittgenstein dem eitlen Getriebe der Welt entfloh.