Der Richter, der sich selbst als Täter überführen muss
Kritik. „Der zerbrochne Krug“in Kobersdorf
Wo ist sie bloß geblieben, die Perücke, die die Blessuren am Kopf des Dorfrichters Adam verdecken und ihm amtliche Würde geben könnte? Und was geschah im Zimmer der hübschen Eve, als der Krug zu Bruch ging, den Eves Mutter Marthe nun vor Adam einklagt? Die Schloss-Spiele Kobersdorf haben Kleists „Der zerbrochne Krug“aufs Programm gesetzt, die Enthüllungskomödie um Korruption und Machtmissbrauch, in der sich der Richter selbst immer klarer als der Schuldige herausstellt.
Mit Intendant Wolfgang Böck steht ein Adam zur Verfügung, der die Figur mit Glaubwürdigkeit auflädt: Mit allen Finten kämpft er um seine Position, er versucht es mit Jovialität ebenso wie mit massiven Einschüchterungen. Immer wieder grapscht Adam nach dem Hintern seiner Magd, während Böck Kleists Sprache in natürlichem Fluss hält.
Als Klägerin Marthe wirkt Hanna Holoch ungewohnt urban, doch kann sie bis zu hysterischen Ausbrüchen aufdrehen. Alexander Strömers Gerichtsrat Walter bleibt daneben ein etwas farbloser Bürokrat. Wenn Erich Schleyer als Frau Brigitte die Perücke bringt, die der Richter auf der Flucht verloren hat, ist das ein starker Auftritt: komische Alte und Racheengel zugleich.
Saskia Klar (Eve) muss lange sprachlos herumdrucksen, bis sie überzeugend explodieren und Adams Infamie bloßstellen darf, die wohl keiner schneller durchschaut hat als der Schreiber Licht (Hannes Gastinger mit markanter Diktion). Das Bühnenbild (Erich Uiberlacker) spiegelt Adams Vermischung von privater und amtlicher Sphäre – der Raum ist Amtsstube, Wohnzimmer, Garage, Hühnerstall. Die Regie von Werner Prinz entwickelt Charaktere und Abläufe schlüssig.