Kurier

Der Richter, der sich selbst als Täter überführen muss

Kritik. „Der zerbrochne Krug“in Kobersdorf

- – BARBARA PÁLFFY

Wo ist sie bloß geblieben, die Perücke, die die Blessuren am Kopf des Dorfrichte­rs Adam verdecken und ihm amtliche Würde geben könnte? Und was geschah im Zimmer der hübschen Eve, als der Krug zu Bruch ging, den Eves Mutter Marthe nun vor Adam einklagt? Die Schloss-Spiele Kobersdorf haben Kleists „Der zerbrochne Krug“aufs Programm gesetzt, die Enthüllung­skomödie um Korruption und Machtmissb­rauch, in der sich der Richter selbst immer klarer als der Schuldige herausstel­lt.

Mit Intendant Wolfgang Böck steht ein Adam zur Verfügung, der die Figur mit Glaubwürdi­gkeit auflädt: Mit allen Finten kämpft er um seine Position, er versucht es mit Jovialität ebenso wie mit massiven Einschücht­erungen. Immer wieder grapscht Adam nach dem Hintern seiner Magd, während Böck Kleists Sprache in natürliche­m Fluss hält.

Als Klägerin Marthe wirkt Hanna Holoch ungewohnt urban, doch kann sie bis zu hysterisch­en Ausbrüchen aufdrehen. Alexander Strömers Gerichtsra­t Walter bleibt daneben ein etwas farbloser Bürokrat. Wenn Erich Schleyer als Frau Brigitte die Perücke bringt, die der Richter auf der Flucht verloren hat, ist das ein starker Auftritt: komische Alte und Racheengel zugleich.

Saskia Klar (Eve) muss lange sprachlos herumdruck­sen, bis sie überzeugen­d explodiere­n und Adams Infamie bloßstelle­n darf, die wohl keiner schneller durchschau­t hat als der Schreiber Licht (Hannes Gastinger mit markanter Diktion). Das Bühnenbild (Erich Uiberlacke­r) spiegelt Adams Vermischun­g von privater und amtlicher Sphäre – der Raum ist Amtsstube, Wohnzimmer, Garage, Hühnerstal­l. Die Regie von Werner Prinz entwickelt Charaktere und Abläufe schlüssig.

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