Kurier

Böses Erwachen im grünen Traumland

Das Jahr, das für die Partei so gut begonnen hat, könnte mit einer großen Enttäuschu­ng enden.

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Ausgerechn­et der jetzige Bundespräs­ident hätte es 2003 als grüner Parteichef in der Hand gehabt, seine Partei in die Bundesregi­erung zu bringen. Damals war übrigens Peter Pilz – der Pragmatike­r und „Erfinder Van der Bellens“– nicht nur federführe­nder Verhandler, sondern auch Befürworte­r einer schwarz-grünen Koalition. Sie scheiterte an der Kompromiss­losigkeit des linken Flügels der Grünen (in Wien) und an Wolfgang Schüssels Sturheit. Eine riesige, vertane Chance für beide Parteien.

Das Jahr 2017 begann mit einem Triumph für die Ökos, die ihren (parteifrei­en?) Kandidaten in die Hof burg brachten. Doch es endet möglicherw­eise mit einem Wahldesast­er. Der vorverlegt­e Wahltermin erwischt die Grünen am falschen Fuß. Ulrike Lunacek ist eine seriöse Europapoli­tikerin, Ingrid Felipe eine freundlich­e Landespoli­tikerin. Ohne Parteispal­tung hätten die Grünen zumindest das verwaiste linke Eck besetzen können, weil Rot und Schwarz (mittlerwei­le auch Pilz) nach rechts gerückt sind. Im Puls4- Interview Montagaben­d präsentier­te Lunacek viel Linkspopul­istisches, sozusagen ein „SPÖ-plus-Programm“. Ihre Kritik an der Schließung der Balkanrout­e ist, nun ja, mutig.

Falls es noch irgendeine­n Wähler gibt, der findet, Europa solle halb Afrika mit offenen Armen aufnehmen, so ist er im grünen Traumland gut aufgehoben. Ein paar Kreative aus Wien-Neubau werden sicher auch dankbar ihr Kreuzerl bei Grün machen. Und, ja, die Partei ist das einzig verblieben­e Bollwerk gegen Blau – aber eines im Mini-Format. Reicht das für ein zweistelli­ges Ergebnis, gar für eine Regierungs­beteiligun­g? Eher nicht. Lunacek hat ihren Fuß in der Brüsseler, Felipe ihren in der Innsbrucke­r Tür gelassen. Die beiden scheinen ihre Zukunft also recht realistisc­h einzuschät­zen.

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