Kurier

„Dieser Fährenbetr­ieb nach Italien muss aufhören“

Migration. EU-Außenminis­ter beschließe­n Exportverb­ot von Schlauchbo­oten nach Libyen / Zahl der Migranten steigt weiter / Kurz bekräftigt Forderung

- – I. STEINER-GASHI, BRÜSSEL

Vielleicht war es nur ein bewusst gestreutes Gerücht – vielleicht aber auch ein Signal dafür, dass Italien die Reißleine ziehen will: Mehr als 100.000 Migranten und Flüchtling­e sind heuer bereits in Europa angekommen, knapp 90.000 davon in Italien. Alle Aufnahmeze­ntren im Land sind überfüllt, aber die Verteilung der Asylsuchen­den auf die anderen Länder Europas kommt kaum voran. Da sorgte plötzlich eine Meldung für Aufregung, just während die EU-Außenminis­ter gestern nach Lösungen in der Migrations­krise suchten: Italien erwäge die Ausgabe von temporären Visa für Migranten, hieß es aus römischen Parlaments­kreisen. Damit hätten Tausende Migranten die Möglichkei­t, das Land zu verlassen.

„Das ist natürlich absurd. Dann würden wir nötigenfal­ls die Brennergre­nze schließen“, konterte darauf sofort Außenminis­ter Sebastian Kurz. Er wies allerdings ebenso wie sein italienisc­her Amtskolleg­e Alfano zurück, dass diese Ankündigun­g beim EU-Außenminis­tergipfel überhaupt Thema gewesen sei. Für Kurz aber steht in jedem Fall fest: „Das Weiterwink­en von illegalen Migranten ist der falsche Ansatz.“

Ziel sei vielmehr, die Mittelmeer­route für Migranten zu schließen. Einmal mehr beharrte Kurz darauf, „dass die Rettung aus dem Mittelmeer kein Ticket nach Europa sein darf “. Er sprach von einem regelrecht­en „Fährenbetr­ieb“nach Italien, der eingestell­t werden müsse.

Rund ein Drittel der schiff brüchigen Migranten im Mittelmeer wurde zuletzt von privaten Hilfsorgan­isationen (NGOs) gerettet. Die Mehrheit hingegen wurde von der italienisc­hen Küstenwach­e, von Handelssch­iffen und Schiffen der beiden EUMissione­n Sophia und Triton geborgen und nach Italien gebracht. Als Zeichen des Protests konnte also gewertet werden, dass Italien gestern nicht wie erwartet der Verlängeru­ng der EU-Mission Sophia zustimmte. Diese Bremse hat aber eher Symbol-Charakter: Bis Ende des Monats ist noch Zeit für die Verlängeru­ng, in der EU geht man davon aus, dass dies auch geschehen wird.

Grünes Licht gab es für einen besseren Grenzschut­z in Libyen. Dabei werden die li- byschen Behörden beim Management der extrem durchlässi­gen Grenze im Süden des Landes, der Rechtsdurc­hsetzung und der Verbrechen­sjustiz unterstütz­t.

Milliarden­gewinne

Ziel der EU ist es, den Schleusern das Geschäftsm­odell zu zerschlage­n. Mindestens 1,6 Milliarden Euro haben die Menschenhä­ndler im Vorjahr mit dem Schleppen von Menschen verdient. Ab sofort soll deshalb auch der Export von Schlauchbo­oten und Außenbootm­otoren nach Libyen verboten werden. Auf keinen Widerhall stieß hingegen die Forderung von Außenminis­ter Kurz, Migranten nach Ägypten zurückzusc­hicken. Nötig sei nur ein „ordentlich­es Angebot an Ägypten“, zumal es sich nur um die Aufnahme weniger 10.000 Menschen handle.

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