Kurier

„Die Damen bilden hier eine ganz besondere Gruppe“

Nachgefrag­t. ÖFB-Sportdirek­tor Willibald Ruttenstei­ner, 54, lobt den Teamgeist der österreich­ischen Spielerinn­en

- – GÜNTHER PAVLOVICS

KURIER: 2008 haben wir Sie als Sportdirek­tor vor der HerrenEM noch bei der Spielbeoba­chtung der Gegner angetroffe­n. Nun wachen Sie über einen Stab von 15 Betreuern. Willibald Ruttenstei­ner: Bei der Spielbeoba­chtung und -analyse hat sich enorm viel getan. Aber es stimmt, dass auch meine Funktion eine andere ist. Damals war ich Mitarbeite­r für das A-Team. Danach haben wir das Umfeld profession­alisiert, und der ÖFB hat Strukturen geschaffen, in denen der Teamchef optimal arbeiten kann. Das war 2010, Marcel Koller kam 2011. Mit dem profession­ellen Umfeld und dem großen Stab gab es mit den Männern letztes Jahr überschaub­are EM-Ergebnisse.

Ich lasse mir aber nicht nehmen, dass die EM in Frankreich gut vorbereite­t war. Manche Spieler hatten Probleme mit der Situation bei ihren Vereinen, mit Verletzung­en. Hier hatten wir nur eine Verletzte, wären es mehr gewesen, wäre auch die Vorbereitu­ng bei den Frauen schwierige­r gewesen. Wenn Frauen bei einer EM hervorstec­hen, können sie bei einem besseren Klub ein paar Tausend Euro im Jahr mehr verdienen. Wenn Männer bei einer EM aufzeigen, kann ihnen das Millionen bringen. Fördert das die Ich-AGs?

Kann sein. Aber der Teamgeist passt bei uns. Im Männer-Team und im Frauen-Team. Natürlich ist es aber ein Unterschie­d, wenn jemand mit den Belastunge­n einer Champions-LeagueTeil­nahme zur EM-Vorbereitu­ng kommt. Die Frauen haben auch in der deutschen Bundesliga keine so großen Belastunge­n. Das ist mit ein Grund, warum man Männerund Frauenfußb­all nicht 1:1 vergleiche­n kann. Dennoch wirkt es so, dass die Frauen hier in den Niederland­en eine verschwore­nere Einheit darstellen als manch andere Teams. Täuscht das?

Es stimmt schon, dass die Damen eine ganz besondere Gruppe hier bilden. Ein Beispiel: Wir sind am Samstag mit dem Team gemeinsam Essen gegangen. Danach hat sich die Kapitänin herzlich und lautstark für das Abendessen bedankt. Das war beeindruck­end, denn solche Dinge werden sehr oft selbstvers­tändlich genommen. Also bereuen Sie es nicht, hier in den Niederland­en zu sein?

Wir machen punkto Umfeld keinen Unterschie­d zwischen der Frauen-EM und der Männer-EM vor einem Jahr. Dort war ich vom ersten Tag an, deshalb habe ich die Entscheidu­ng getroffen, es hier auch zu tun. Ich will mir viele Spiele anschauen, um die in- ternationa­le Spitze im Frauenfußb­all zu analysiere­n. Wie weit von der Spitze sind die Österreich­erinnen entfernt?

Alles andere als kein Punkt wäre eine Sensation. Wir sind zum ersten Mal dabei und Außenseite­r. Wir werden sehen, wie unbekümmer­t wir spielen werden.

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