Nach Kuhangriff: Wanderer im Visier
Alm. Erstmals gibt es Ermittlungen gegen Hundehalter. Durch Fehlverhalten sollen andere verletzt worden sein
Einen großen Bogen um Kuhherden auf der Alm möge man machen, die Tiere nicht erschrecken. Drohgebärden beobachten, Hunde von der Leine lassen, falls sich ein Angriff abzeichne – erst recht, wenn sich Kälber in der Nähe befinden würden. Diese Verhaltensregeln für Wanderer soll laut Zeugen am Sonntag ein 51-jähriger Italiener am Kärntner Nassfeld missachtet haben. Er wurde nach der Attacke einer Kuhherde schwer verletzt und muss mit straf- oder zivilrechtlichen Konsequenzen rechnen: zwei weitere Passanten wurden in der Folge von den Kühen niedergestoßen.
Der Vorfall ereignete sich umdie Mittagszeit im Bereich der Garnitzenalm nahe der Bergstation Sonnenalpe, wo eine 50-köpfige Kuhherde graste. Laut Zeugenaussagen nahm der Italiener dort seinen Hund hoch und ging frontal auf die Kühe zu. Ein Landwirt gab bei der Polizei zu Protokoll, dass der Wanderer schreiend und gestikulierend versucht habe, die Tiere zu verscheuchen. „Wir halten dort zahlreiche Kälber, und das Fehlverhalten hat den Beschützerinstinkt der Mutterkühe ausgelöst“, erzählt Theo Tillian, der Besitzer der Almgemeinschaft. Der Italiener wurde von den Kühen zu Boden gestoßen und schwer verletzt. Dem Landwirt gelang es, die Tiere zu vertreiben und die Rettung zu verständigen. Darauf hin wurde der 51-Jährige ins Klinikum Klagenfurt geflogen, wo er am Montag noch chirurgisch versorgt wurde.
Tiere aus der Herde waren nach dem Vorfall so auf- geschreckt, dass sie auch ein in der Nähe wanderndes Ehepaar aus Dänemark niederstießen. Die 59-jährige und ihr 68 Jahre alter Mann wurden ins LKH Villach geflogen. Die Polizei prüft nun, inwiefern das Fehlverhalten des Italieners zur zweiten Attacke geführt haben könnte. „Ob Anzeige erstattet wird, ist unklar“, heißt es von der Landespolizeidirektion Kärnten.
Am Montagnachmittag vermeldeten die Beamten den nächsten Vorfall: Auf der Turrach wurde ein Ehepaar aus Deutschlandsberg, 64 und 68 Jahre alt, von Mutterkühen attackiert. Es hatte einen Hovawart an der Leine geführt. „Die Kühe fühlten sich von dem Hund bedroht und gingen auf die Frau los, die schwere Verletzungen erlitt. Der Mann konnte die Kühe mit einem Stock verscheuchen“, erzählt ein Beamter.
„Ich fürchte, dass noch öfter etwas passieren wird, wenn Wanderer mit Hunden zu nahe an Mutterkühe gehen“, sagt Josef Lanzinger vom Almwirtschaftsverein in Tirol. Dort war es vor einem Monat zu einer tödlichen Attacke auf eine 70-jährige Einheimische gekommen, die mit ihrem Hund über eine Weide gewandert war.
Video informiert
Bereits nach dem Tod einer Deutschen 2014 hatten Landwirtschaftskammer und Ti- rol Werbung die Auf klärung über das richtige Verhalten auf Mutterkuh-Weiden intensiviert und einen Folder mit Tipps herausgegeben. Nach dem jüngsten Unglück wurde ein comic-hafter Video-Clip produziert, der bald präsentiert werden soll. Mithilfe des Films sollen Hoteliers Gäste über Gefahren informieren. Kein Thema mehr ist ein generelles Hunde-Verbot für Wanderer, die MutterkuhWeiden passieren.