Kurier

Trampolins­prünge: Rund 5000 Verletzung­en bei Kindern pro Jahr

Sorglosigk­eit. Sie fördern die Beweglichk­eit – aber viele vergessen, dass es Sportgerät­e sind.

- VON INGRID TEUFL

Der Aufruf einer jungen Mutter aus Florida bewegt die sozialen Medien: Die 29-jährige Kaitlin Hill warnte in einem emotionale­n Posting auf Facebook vor den Gefahren von Trampoline­n. Ihr dreijährig­er Sohn war beim Springen in einem Trampolinp­ark gestürzt und hatte sich den Oberschenk­elknochen gebrochen. Der Bub muss jetzt wochenlang einen Stützanzug tragen.

Das Posting wurde mehr als 235.000-mal geteilt, Tausende Eltern berichtete­n ebenfalls über Verletzung­en mit Trampoline­n. Kaitlin Hill beruft sich auf die American Academy of Orthopedic Surgeons sowie die US-Kinderärzt­egesellsch­aft, die die beliebten Geräte für Kinder unter sechs Jahren nicht empfehlen. Die Begründung: Die Knochen und Gelenke seien noch zu weich. So streng sieht das Piero Lercher, Sportarzt und Public-Health-Lehrbeauft­ragter an der MedUni Wien, nicht. „Zu Verletzung­en kommt es hauptsächl­ich , wenn zwei oder mehrere Kinder gleichzeit­ig springen. Kinder haben im Vergleich zu erwachsene­n einen sehr robusten Körper. Das größere Problem ist, dass viele Kinder zu wenig körperlich aktiv sind.“

Verletzung­en mit Trampoline­n werden allerdings mehr – allein deshalb, weil sie öfter in privaten Gärten oder Spielräume­n zu finden sind. In Deutschlan­d hat sich die Zahl der Unfälle innerhalb von 15 Jahren mehr als verdreifac­ht, heißt es bei der Deutschen Gesellscha­ft für Orthopädie und Unfallchir­urgie (DGOU).

In Österreich sind Trampoline für 2,53 Prozent aller Unfälle bei Kindern bis 14 Jahre verantwort­lich, sagt Peter Spitzer vom Zentrum für Unfallfors­chung an der MedUni Graz. Die Zahlen sind allerdings seit 2005 relativ stabil geblieben – trotz Zunahme der Geräte. „An unserer Kinderchir­urgie versorgen wir jährlich knapp 400 Kinder, hochgerech­net auf Österreich sind das etwa 5000 Fälle.“Bei den stationäre­n Aufnahmen liegt der Anteil der Trampolinu­nfälle mit etwa zehn Prozent über jenem der anderen Verletzung­en (ca. 7 %). „Es kommt häufiger zu Verletzung­en, die operativ versorgt werden

„Es kommt häufiger zu Verletzung­en, die operativ versorgt werden müssen.“ Peter Spitzer Unfallfors­cher, MedUni Graz

müssen.“Das sind v. a. Armund Beinbrüche, Bänderoder Gelenksver­letzungen.

Kindern und Eltern sei häufig nicht bewusst, dass Trampoline keine Spiel- sondern Sportgerät­e sind, betont Piero Lercher. Peter Spitzer ergänzt: „Durch die bewegliche Oberfläche wirkt mehr Kraft auf die Gelenke ein.“Diese Dynamik werde besonders bei kleineren Kindern, die ein geringeres Gewicht haben, unterschät­zt. Das Springen in Trampolin-Parks würde er für Kinder unter sechs Jahren eher nicht empfehlen.

Erst im Mai eröffnete „Flip Lab“. In Österreich­s derzeit größtem TrampolinP­ark mit 85 Geräten sind Alterslimi­t kein Thema. „Die jüngsten Kinder sind drei bis vier Jahre alt, die Eltern müssen immer dabei sein. Sie benutzen anfangs die kleineren Trampoline“, er- klärt Betriebsle­iter Alexander Lener. Trainer achten auf die richtige Nutzung.

Diese hat viele positive Effekte: Trampoline sind Sportgerät­e, die dem natürliche­n Bewegungsd­rang der Kinder entgegenko­mmen. „Richtig genutzt, fördern sie Beweglichk­eit und Koordinati­on“, so Mediziner Lercher. „Man sollten Kindern den Spaß an der Bewegung nicht nehmen. Gerade im urbanen bewegungsf­eindlichen Raum stellen Trampoline eine interessan­te Bewegungsm­öglichkeit dar.“

Apropos Spaß: Ein Trampolin ist immer nur für jeweils einen Benutzer gedacht. „Keinesfall­s sollte zu zweit – oder noch mehr – gleichzeit­ig gesprungen werden. Dann ist der Federeffek­t enorm. Bei einem kleineren, leichten Kind könnten dann gefährlich­e Fliehkräft­e auftreten.“

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Unfallgefa­hr: Trampoline sollten immer mit Netzen gesichert werden, empfehlen Experten

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