Kurier

„Es wäre ein Albtraum“

Karin Viard über Kinderkrie­gen mit 50, Anthony Quinn und ihre Oma

- (Kinostart: 21. Juli) VON SUSANNE LINTL

Der Crouton im Salat, den Madame mangels Mittagspau­se während des Interviews verzehrt, bleibt ihr fast im Hals stecken: „Mein Gott, es wäre ein Albtraum“, sagt Karin Viard, „ich würde es hassen“.

Was sie so sehr hassen würde? – In reifem Alter, sprich: wie ihre Filmfigur Nicole Payan in Nadège Loiseaus Komödie „Das unerwartet­e Glück der Familie Payan“mit fast 50 Jahren, noch einmal schwanger zu werden.

„Wenn man schon 50 ist und große Kinder hat, bedeutet das normalerwe­ise, dass sie das Haus verlassen und dass man wieder sein Leben leben kann. Sonst ist man ja mit 75 noch hauptberuf­lich Mama. Schrecklic­h!“.

Viard selbst ist 51 und hat zwei Kinder im Alter von 17 und 19 Jahren: „Ich weiß: In ein paar Jahren habe ich es geschafft“.

Viard ist eine der f leißigsten und populärste­n Schauspiel­erinnen Frankreich­s – eine, deren Gesicht und Stimme dort jeder kennt. In über 80 Film- und Fernsehpro­duktionen spielte sie mit, darunter in Jean-Pierre Jeunets köstlicher rabenschwa­rzer Komödie „Delicatess­en“, in Solveig Anspachs César-gekröntem „Hoch die Herzen“und in „Verstehen Sie die Béliers?“über eine gehörlose Familie mit musikbegab­ter Tochter.

Die „Béliers“waren ein ungeheurer Publikumse­r- folg, in Frankreich wie im Rest Europas. Viard: „Es war eine starke Erfahrung für mich, in die Welt der Gehörlosen einzutauch­en. Sechs Monate lang habe ich Gebärdensp­rache gelernt, um mit Gehörlosen kommunizie­ren zu können. Es war genial, als ich dann Brücken in diese mir bis dahin fremde Welt schlagen konnte. Wunderschö­n“.

Mit ihrem neuen Film „Das unerwartet­e Glück der Familie Payan“– das Regiedebüt der jungen Französin Nadège Loiseau – wird diese Rekordzahl an Besuchern wohl nicht erreicht werden: „Als die ,Payans‘ in Frankreich herausgeko­mmen sind, hatten wir das Pech, dass gleichzeit­ig so viele andere Filme starteten, die alle auf das gleiche Publikum ausgericht­et waren. Und Sie wissen ja, wie das ist: Wenn die Leute in der ersten Woche nicht kommen, ist man schnell wieder draußen aus den Kinos. Schade. Aber internatio­nal verkauft sich der Film gut“.

Ernste Botschafte­n

Der Film sei zwar vordergrün­dig eine Komödie, aber er vermittle daneben auch noch ernstere Botschafte­n: „Was bedeutet Familie eigentlich? Was macht viel oder – in diesem Fall – wenig Geld für eine Familie aus? Wirst du einfach so Mutter oder bedarf es eines Reifeproze­sses, um dafür bereit zu sein? Die Warmherzig­keit dieses Films, seine liebevolle Atmosphäre mag ich sehr“.

Wollte sie immer schon Schauspiel­erin werden? – „Ja, definitiv. Mit zehn Jahren habe ich den ,Glöckner von Notre Dame‘ mit Anthony Quinn und Gina Lollobrigi­da gesehen. Der Film hat mich emotional so aufgewühlt, dass ich sofort wusste, das will ich auch machen. Die Gedanken an den Film haben mich beflügelt. Es war ein Schlüsselm­oment: Ich wollte so sein wie Anthony, der so viele Gefühle in mir geweckt hat. Nicht das niedliche kleine Mädchen wie Gina“.

Als Stütze an ihrer Seite hatte sie immer ihre Großmutter, erzählt Viard: „Sie hat mich erzogen, sie hat mich immer bestärkt. Sie hat mir eine positive Sicht auf die Welt mitgegeben. Dass ich mich selbst nicht zu ernst nehme, dass ich meine Arbeit liebe. Ach, meine tolle Oma!“

Ob sie Angst vor dem Älterwerde­n hat? Dass dann vielleicht die interessan­ten Rollen ausbleiben? – „Nun“, seufzt Karin Viard, „so weit bin ich noch nicht. Aber es stimmt schon: Das Kino ist auf sehr junge Leute ausgericht­et, weil sie den Hauptteil des Publikums bilden. Und die wollen nicht unbedingt Geschichte­n von und mit Alten sehen. Ältere Zuseher bringen eben keine 20 Millionen am Box Office. Die Jungen bringen das Geld und an ihnen orientiert sich natürlich alles. Also klar, ich habe schon Angst vor dem Moment, wo ich vielleicht zu alt für deren Sehgewohnh­eiten bin“.

 ??  ?? Mit 50 plötzlich erneut guter Hoffnung: Karin Viard in „Das unerwartet­e Glück der Familie Payan“in der Rolle als später Mutter, die allerdings schon erwachsene Kinder hat und nun von vorne anfängt
Mit 50 plötzlich erneut guter Hoffnung: Karin Viard in „Das unerwartet­e Glück der Familie Payan“in der Rolle als später Mutter, die allerdings schon erwachsene Kinder hat und nun von vorne anfängt

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