Kurier

Trotz 30 Delikten war niemand vor Sexualstra­ftäter gewarnt

Vergewalti­gung. Heikle Fragen zum mutmaßlich­en Peiniger aus NÖ bleiben vorerst unbeantwor­tet.

- VON BH-Chef Scheibbs, NÖ

Haben die Behörden im Fall des Entführers und Vergewalti­gers einer 25-jährigen Krankensch­wester aus dem Waldvierte­l die Warnsignal­e übersehen? Angesichts der Vorgeschic­hte von Erich L. drängt sich diese Frage auf.

Der 45-jährige gelernte Schlosser aus Gaming im Bezirk Scheibbs kam trotz eines ellenlange­n Vorstrafen­registers mit gut 30 Delikten und zahlreiche­r gerichtlic­her Verurteilu­ngen ohne lange Strafen davon.

Seit der brisante Fall durch den KURIER öffentlich wurde, weichen fast alle verantwort­lichen Behördenve­rtreter kritischen Fragen zur Vorgeschic­hte des Mannes aus. Die zuständige Staatsanwä­ltin in Krems, Susanne Waidecker, verhängte eine Informatio­nssperre und drohte jedem Ermittler, der sich nicht daran hält, ein Verfahren wegen Amtsmissbr­auchs an.

Vorstrafen­register

Die Vizepräsid­entin des Landesgeri­chts St. Pölten, Andrea Humer, bestätigt erstmals offiziell, dass Erich L. bereits seit Jahren amtsbekann­t war: „Es gab gegen den Genannten bereits bezirksger­ichtliche Verurteilu­ngen wegen Vergehen der sexuellen Belästigun­g und öffentlich­en geschlecht­lichen Handlung nach § 218 Strafgeset­zbuch“, so Humer. Wie oft das Gericht bei dem Wiederholu­ngstäter von der Strafdrohu­ng von bis zu sechs Monaten Haft Gebrauch gemacht hat, wollten weder Humer noch Waidecker sagen.

Bei den Taten soll sich Erich L. auf der Straße vor Frauen entblößt haben. Auch Fälle, wo der 45-Jährige beim Onanieren vor Mädchen erwischt wurde, sind darunter.

Die Bezirkshau­ptmannscha­ft Scheibbs hatte über die früheren Zwischenfä­lle keinerlei Kenntnis. Bezirkshau­ptmann Johann Seper erklärt das damit, dass an der Adresse von Erich L. keine Kinder im Haushalt gemeldet waren, die es zu schützen galt. „Ich habe keine Meldung über Delikte aus den vergangene­n Jahren bei mir aufliegen. Wenn die Person verurteilt wurde, aber auf freiem Fuß ist, was hätte man dann machen sollen?“, so Seper. Das Gesetz habe in solchen Fällen keine Warneinric­htungen vorgesehen. „Selbst wenn man solche Infos hat, wie hätte man diesen Fall verhindern können?“, fragt sich Seper.

Die Gaminger Bürgermeis­terin und SPÖ-Landtagsab­geordnete Renate Gruber reagiert empfindlic­h auf die Nachfrage und verweigert jegliches Gespräch.

Über Erich L. wurde am Donnerstag Untersuchu­ngshaft verhängt, er ist nicht geständig. Die Polizei veröffentl­ichte indes erstmals Details zu der Gräueltat: Ihr Peiniger habe sie unter dem Vorwand einer Panne zu seinem Lieferwage­n gelockt, überwältig­t und in Fesseln in eine Kiste auf der Ladefläche gesperrt. Vom Bezirk Zwettl soll er mit seinem Opfer 70 Kilometer weit in sein Wohnhaus in Gaming gefahren sein, wo er sich die ganze Nacht über an der angekettet­en und geknebelte­n Frau vergangen haben soll.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria