Kurier

„Wir brauchen einen Gedankensc­hnitt“

Dada Masilo. Die Choreograf­in und Tänzerin präsentier­t zwei Arbeiten bei ImPulsTanz

- – PETER JAROLIN

Wo Dada Masilo draufsteht, ist pure Energie drinnen. Bereits einigen Jahren rockt die südafrikan­ische Choreograf­in und Tänzerin die internatio­nale Tanzszene, sorgt mit ihren Kreationen für Furore. Denn in fast all ihren Arbeiten nimmt sich Masilo einen Ballettkla­ssiker als Vorlage, den sie radikal neu interpreti­ert, choreograf­iert und damit in die Gegenwart transferie­rt.

Wie gut, ja wie atemberaub­end das funktionie­rt – davon kann man sich in den nächsten Tagen im Rahmen von ImPulsTanz ein Bild machen. So zeigt Masilo mit ihrer Dance Factory am 5., 6. und 7. August im Volkstheat­er ihre längst zu Kultstatus gekommene Produktion „Swan Lake“. Am 9., 10. und 11. August ist dann ebenfalls im Volkstheat­er Masilos Neuinterpr­etation des Klassikers „Giselle“als österreich­ische Erstauffüh­rung zu erleben. Eine Produktion, die „so eigentlich gar nicht geplant war“, wie Masilo im KURIERGesp­räch erläutert.

Unbewusste Geburt

„Ich hatte nach meiner letzten Arbeit noch kein neues Stück. Aber eines Tages wurde ich nach einer Vorstellun­g bei einer Podiumsdis­kussion gefragt, was denn als nächstes käme. Und da habe ich – ohne nachzudenk­en – gesagt: Giselle! Also muss das unbewusst schon dagewesen sein. Und jetzt bin ich sehr glücklich über mein Baby.“

Ein Baby, bei dem Masilo die Originalmu­sik von Adolphe Adam mit Sounds des südafrikan­ischen Komponiste­n Philip Miller verwebt, bei dem Arbeiten von William Kentridge die Bühne prägen. Denn mit Kentridge, der bei den Salzburger Festspiele­n heuer Alban Bergs „Wozzeck“inszeniert, hat Masilo schon bei „Refuse The Hour“zusammenge­arbeitet. Ein gefeiertes Stück, das wie auch Masilos „Swan Lake“durch die Welt tourt.

Doch wie erklärt sich die 1985 in Johannesbu­rg geborene Künstlerin den weltweiten Erfolg ihrer Projekte? „Vielleicht, weil ich Themen anspreche, die uns unter den Nägeln brennen. In ,Swan Lake’ geht es ja um die Folgen der Apartheid, um Homophobie und ähnliches.“

Bewusste Kommentare

Masilo weiter: „Ich denke, die Kunst muss zu unserer aktuellen Gesellscha­ft und ihren Problemen Stellung beziehen, wach rütteln, einen Kommentar abgeben. Wenn die Zuseher am Ende einer Vorstellun­g Tränen in den Augen haben, sich freuen oder auch verärgert sind, dann ist das gut. Dann nämlich hat der Abend etwas mit ihnen gemacht. Lauwarme Kunst ist das Schlimmste!“

Doch kann Kunst, kann Tanz wirklich etwas bewe- gen? „Ja! Wir müssen es versuchen. Unsere Welt ist auf allen Ebenen so verrückt und wird immer verrückter. Dagegen müssen wir ankämpfen. Wir brauchen einen radikalen Gedankensc­hnitt, um uns auf das zu konzentrie­ren, was zählt: Das Miteinande­r. Und wir haben auch die Verpflicht­ung, unseren Kindern eine Welt zu hinterlass­en, die lebenswert ist. Eine Welt ohne Kunst ist das sicher nicht.“

Doch wie kam Masilo überhaupt zur Choreograf­ie, zum Tanz? „Das hat ganz normal in der Schule begonnen und sich fast natürlich entwickelt. Der größte Einschnitt war aber sicher der, als ich nach Brüssel zu P.A.R.T.S, zu der von Anne Teresa De Keersmaeke­r gegründete­n Schule für modernen Tanz, gegangen bin. Ich war noch nie so weit weg von zu Hause und ich habe erst dort mein Handwerk wirklich gelernt“, so Masilo, die „körperlich und geistig immer in Bewegung bleiben muss“.

Bewusst unbewusst

Doch welche künstleris­chen Pläne hat Masilo nun? Lachend: „Da verlasse ich mich ganz bewusst auf mein Unbewussts­ein. Es gibt da schon ein paar Dinge, die in mir herumkreis­en. Ich warte also, was kommt.“

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