„Wir brauchen einen Gedankenschnitt“
Dada Masilo. Die Choreografin und Tänzerin präsentiert zwei Arbeiten bei ImPulsTanz
Wo Dada Masilo draufsteht, ist pure Energie drinnen. Bereits einigen Jahren rockt die südafrikanische Choreografin und Tänzerin die internationale Tanzszene, sorgt mit ihren Kreationen für Furore. Denn in fast all ihren Arbeiten nimmt sich Masilo einen Ballettklassiker als Vorlage, den sie radikal neu interpretiert, choreografiert und damit in die Gegenwart transferiert.
Wie gut, ja wie atemberaubend das funktioniert – davon kann man sich in den nächsten Tagen im Rahmen von ImPulsTanz ein Bild machen. So zeigt Masilo mit ihrer Dance Factory am 5., 6. und 7. August im Volkstheater ihre längst zu Kultstatus gekommene Produktion „Swan Lake“. Am 9., 10. und 11. August ist dann ebenfalls im Volkstheater Masilos Neuinterpretation des Klassikers „Giselle“als österreichische Erstaufführung zu erleben. Eine Produktion, die „so eigentlich gar nicht geplant war“, wie Masilo im KURIERGespräch erläutert.
Unbewusste Geburt
„Ich hatte nach meiner letzten Arbeit noch kein neues Stück. Aber eines Tages wurde ich nach einer Vorstellung bei einer Podiumsdiskussion gefragt, was denn als nächstes käme. Und da habe ich – ohne nachzudenken – gesagt: Giselle! Also muss das unbewusst schon dagewesen sein. Und jetzt bin ich sehr glücklich über mein Baby.“
Ein Baby, bei dem Masilo die Originalmusik von Adolphe Adam mit Sounds des südafrikanischen Komponisten Philip Miller verwebt, bei dem Arbeiten von William Kentridge die Bühne prägen. Denn mit Kentridge, der bei den Salzburger Festspielen heuer Alban Bergs „Wozzeck“inszeniert, hat Masilo schon bei „Refuse The Hour“zusammengearbeitet. Ein gefeiertes Stück, das wie auch Masilos „Swan Lake“durch die Welt tourt.
Doch wie erklärt sich die 1985 in Johannesburg geborene Künstlerin den weltweiten Erfolg ihrer Projekte? „Vielleicht, weil ich Themen anspreche, die uns unter den Nägeln brennen. In ,Swan Lake’ geht es ja um die Folgen der Apartheid, um Homophobie und ähnliches.“
Bewusste Kommentare
Masilo weiter: „Ich denke, die Kunst muss zu unserer aktuellen Gesellschaft und ihren Problemen Stellung beziehen, wach rütteln, einen Kommentar abgeben. Wenn die Zuseher am Ende einer Vorstellung Tränen in den Augen haben, sich freuen oder auch verärgert sind, dann ist das gut. Dann nämlich hat der Abend etwas mit ihnen gemacht. Lauwarme Kunst ist das Schlimmste!“
Doch kann Kunst, kann Tanz wirklich etwas bewe- gen? „Ja! Wir müssen es versuchen. Unsere Welt ist auf allen Ebenen so verrückt und wird immer verrückter. Dagegen müssen wir ankämpfen. Wir brauchen einen radikalen Gedankenschnitt, um uns auf das zu konzentrieren, was zählt: Das Miteinander. Und wir haben auch die Verpflichtung, unseren Kindern eine Welt zu hinterlassen, die lebenswert ist. Eine Welt ohne Kunst ist das sicher nicht.“
Doch wie kam Masilo überhaupt zur Choreografie, zum Tanz? „Das hat ganz normal in der Schule begonnen und sich fast natürlich entwickelt. Der größte Einschnitt war aber sicher der, als ich nach Brüssel zu P.A.R.T.S, zu der von Anne Teresa De Keersmaeker gegründeten Schule für modernen Tanz, gegangen bin. Ich war noch nie so weit weg von zu Hause und ich habe erst dort mein Handwerk wirklich gelernt“, so Masilo, die „körperlich und geistig immer in Bewegung bleiben muss“.
Bewusst unbewusst
Doch welche künstlerischen Pläne hat Masilo nun? Lachend: „Da verlasse ich mich ganz bewusst auf mein Unbewusstsein. Es gibt da schon ein paar Dinge, die in mir herumkreisen. Ich warte also, was kommt.“