Kurier

Eine Partei löst sich auf

Team Stronach. Projekt des steirische­n Milliardär­s erwies sich als politische Eintagsfli­ege. Was bleibt, sind Schulden

- VON BERNHARD GAUL

Während in allen Wahlkampfb­üros die Strategen unter Hochdruck ihre Kampagnen finalisier­en, hat ein Parteichef die Ruhe weg und kann sich beruhigt in den Schatten legen. Robert Lugar, nicht dejure, aber de-facto-Chef des Teams Stronach, hat geschafft, was niemand vor ihm bewerkstel­ligt hat: Eine totale politische Bankrotter­klärung. Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik gibt eine Parlaments­partei auf, verzichtet auf einen Antritt bei der Wahl 2017 und kündigt an, sich aufzulösen.

Braucht man zur Gründung einer Partei noch Statuten, die im Innenminis­terium hinterlegt werden müssen, ist die Auflösung nicht einmal den Behörden bekannt zu geben.

Das Inventar des Parteiklub­s ist katalogisi­ert und muss am Ende der Legislatur­periode der Parlaments­verwaltung retournier­t werden, ebenso die Kunstwerke aus dem Kunstdepot. Da die Klubräume des Teams nicht im Parlament sind, sondern gleich ums Eck in der Doblhoffga­sse, müssen die Mitarbeite­r kurz vor dem Ende wegen der Sanierung nicht mehr umziehen. Bis zur konstituie­renden Sitzung nach der Wahl am 9. November können sie bleiben, es finden ja noch drei Plenartage statt.

Bitter ist das Ende jedenfalls für die rund 20 Mitarbeite­r im Klub. Sie bekommen mit Ende dieses Monats ihr Kündigungs­schreiben.

25 Millionen Euro

Und dann wären da noch die Schulden. Das Team Stronach hat hohe Außenständ­e, allerdings nicht wie alle anderen Parteien bei Banken, sondern bei Multimilli­ardär Stronach persönlich. Die meisten Landespart­eien haben ihre vom Parteigrün­der zur Verfügung gestellten „zinslosen Darlehen“teilweise oder zur Gänze (durch die Parteiförd­erungen aus Steuergeld) zurückgeza­hlt.

Wie viel bei der Bundespart­ei noch offen wäre, lässt sich zur Stunde nicht eruieren. Rund 25 Millionen Euro hatte Stronach in sein politische­s Projekt gesteckt. Das amerikanis­che Forbes- Magazin schätzt das Vermögen des Steirers, der 1954 in Kanada mit Hunger und gerade einmal 200 Dollar in der Tasche ankam, auf rund 1,47 Milliarden Dollar – das sind rund 1,25 Milliarden Euro. Er wird es also wahrschein­lich verkraften.

Aber was bleibt? Das Strohfeuer namens Team Stronach sucht ihresgleic­hen in der politische­n Geschichte: Die Partei wurde 2012 gegründet, übersprang gleich beim ersten Antritt 2013 mit 5,7 Prozent die Vier-ProzentHür­de für den Einzug ins Parlament – 270.000 Wähler ließen anfangs elf Abgeordnet­en im Plenum Platz nehmen.

Dazu noch erstaunlic­he Ergebnisse bei Landtagswa­hlen: In Kärnten holte Spitzenkan­didat Gerhard Köfer 11,3 Prozent, in Niederöste­rreich trat Teamchef Frank Stro- nach selbst an und holte 9,8 Prozent, in Salzburg schaffte Frontmann Hans Mayr 8,3 Prozent. Im Burgenland gab es mit der fusioniert­en „Bündnis Liste Burgenland“einen letzten Wahlerfolg mit 4,8 Prozent. Das war im Frühjahr 2015.

Neue Bürgerbewe­gung

Heute sind von den elf Abgeordnet­en noch sechs übrig, die anderen sind in andere Klubs geflohen: Georg Vetter, Kathrin Nachbaur und Rouven Ertlschwei­ger wechselten zur ÖVP, Jessi Lintl ging zur FPÖ und der Po grapschend­e Arzt Marcus Franz f log nach einem kurzen Gastspiel im ÖVP-Klub wieder raus und ist seit März 2016 parteilose­r Abgeordnet­er mit Twitter-Account (wo er 2015 postete: „Po-Grapschen kann übrigens zur Hochzeit führen. So war's zb bei mir“).

Was aus den übrig gebliebene­n Abgeordnet­en wird, ist großteils offen. Dem Vernehmen nach hat sich Klubchef Lugar bei der FPÖ beworben, wurde vorerst aber abgelehnt. Der Oberösterr­eicher Leo Steinbichl­er bestätigt gegenüber dem KURIER, dass er gerade an der Gründung einer eigenen „Bürgerbewe­gung“arbeitet – Details bleibt er aber noch schuldig.

In den Ländern firmiert das Salzburger Team nun unter dem Namen „Freie Wähler Salzburg“, in Kärnten hat Landesteam­führer Köfer die Darlehen von Stronach bezahlt und genießt als „Team Kärnten – Liste Köfer“seine Selbstbest­immung.

Glücksritt­er

Warum Stronachs Projekt dermaßen fulminant gescheiter­t ist? Das lag in erster Linie an dem Projekt selbst: Stronach wollte am Ende seiner höchst erfolgreic­hen Karriere Anerkennun­g auch in seinem Heimatland. Er ist bis heute alleiniger Parteichef, war aber in den vergangene­n Jahren kaum hier. Seine Stellvertr­eter in Österreich konnten aber nie allein entscheide­n, welche Richtung eingeschla­gen werden soll.

Das führte auch zu Verwerfung­en über die Stoßrichtu­ng der Partei. Stronach sprach vor allem einfache, hart arbeitende Hackler an, seine langjährig­e Stellvertr­eterin Kathrin Nachbaur wollte dem Team aber so etwas wie eine wirtschaft­sliberale Prägung geben, die eher weit von dem entfernt ist, was seine Wähler wollen.

Dann das Geld: Hauptgrund, warum das Team Stronach bei dieser Wahl nicht mehr antritt, ist, dass Stronach kein Geld mehr zur Verfügung stellen will. Grund genug auch für alle Banken, Kredite für einen Wahlkampf zu verweigern. Nicht zuletzt war das Personal immer ein Problem. Wo mit viel Geld gewunken wird, stehen rasch politische Glücksritt­er vor der Tür. Einen Großteil davon, wenn nicht vielleicht sogar alle, hatte Stronach seit 2012 kennenlern­en müssen.

Jetzt kehrt Stronach diesen und seinen Wählern für immer den Rücken, seinen Lebensaben­d wird der 84Jährige in Kanada und Florida verbringen.

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25 Millionen Euro hat Frank Stronach in sein Politik-Projekt investiert. Nach nur einer Legislatur­periode verschwind­et es von der Bildfläche

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