Der Oscar-Preisträger verfällt in seinem neuen Kinofilm dem „Tulpenfieber“.
Tulpenfieber. Christoph Waltz – besessen von einer schönen Frau und einer prächtigen Blume
Historiendrama. Eine zeitlos brisante Parabel über die Gier nach Macht, Geld und Schönheit bietet dieser Film, der mit mehr als zweijähriger Verspätung endlich ins Kino kommt. Trotz einer mehrfach Oskar-gekrönten Schauspielerriege von Christoph Waltz, über Alicia Vikander bis Judi Dench und opulenter Schauplätze und Kostüme, hatte ihn der MiramaxStudioboss Harvey Weinstein, ohne Angabe von Gründen quasi „auf Halde“gelegt.
Vielleicht – so kann man nur vermuten – hatte zum Zeitpunkt dieser undurchsichtigen Entscheidung in Hollywood eine ähnlich ansteckende Krankheit gewütet wie in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts: Die Gier, aus Geld wenn möglich noch mehr Geld zu machen und deshalb auf den „richtigen Moment“des Kinoeinsatzes zu warten.
In den Niederlanden war es vor etwa vier Jahrhunderten eine unscheinbare Blumenzwiebel, die einen regelrechten Hype auslöste. Sie war damals über den Bosporus nach Europa gelangt. In den Gärten von Klöstern und Palästen wurden daraus immer mehr und immer neue Blüten gezüchtet – in einer bisher nicht dagewesenen Farbenpracht.
Ihre Kostbarkeit versetzte geschäftstüchtige Holländer in einen Zustand, der sich zu einer Art „Tulpenfieber“steigerte. Im Winter 1636 schnellten die Preise auf dem niederländischen Blumenmarkt in ungeahnte Höhen, und einzelne Zwiebeln erzielten Geldsummen im Wert eines Amsterdamer Stadthauses. Bis wenige Monate später der Markt plötzlich zusammenbrach und der Tulpenhandel zum Desaster wurde.
Die Entwicklung dieses „Tulpenfiebers“wird Ökonomie-Studenten bis heute als warnendes Beispiel vor Augen geführt, aus dem sie aber – denkt man an den Wirtschaftscrash des Jahres 2008 – offenbar nicht wirklich viel zu lernen bereit sind.
Und es ist wohl kein Zufall, dass der Roman von Deborah Moggach, der für diesen Film als Vorlage diente, unter dem Eindruck dieses weltweiten Finanzdesasters geschrieben wurde.
Erster Börsen-Crash
Die Geschichte vom ersten Börsencrash in der Geschichte der Menschheit ist dabei mehr als nur ein Backdrop, um eine ménage à trois im Amsterdam des frühen 17. Jahrhunderts zu erzählen. Es geht um die Geschichte von Sophia, der Ehefrau eines älteren und wohlhabenden Kaufmanns, der seine junge Frau aus einem klösterlichen Waisenhaus geholt hat. Sie soll ihm den lange ersehnten Erben gebären. Dieser EheDeal scheint solange zu funktionieren, bis ein Maler ins hochherrschaftliche Haus des Gewürzhändlers kommt, um ihn an der Seite seiner schönen Ehefrau für alle Ewigkeit auf einer Leinwand festzuhalten.
Dass der arme Maler und Sophia schon bald feurige Blicke austauschen, entgeht dem Kaufmann ebenso wie das erste Geheimtreffen des jungen Liebespaares. Aus dieser verhängnisvollen Affäre scheint für die Liebenden nur ein einziger Ausweg möglich: Amsterdam gemeinsam zu verlassen. Im Geheimen hecken sie einen Plan aus, wie sie erst zu Geld, und dann außer Landes kommen. Sie steigen ins riskante Tulpengeschäft ein und setzen alles auf eine Zwiebel: Die berühmte„Admiral Maria“, die sie an der Tulpenbörse zu Höchstpreisen versteigern wollen. Doch das bis dahin Undenkbare passiert, der Tulpenmarkt bricht zusammen.
Dieser Geschichtsunterricht mit Herz-SchmerzKomponente ist zwar konventionell inszeniert – ein Kinobesuch lohnt sich trotzdem: Wegen der prächtigen Bilder, der durchwegs guten Schauspieler und der Gelegenheit, Christoph Waltz in einer Rolle abseits des Tarantino-Bösewicht-Klischees zu sehen.