„Terroristenherberge“–Trump verschärft Rhetorik gegen Pakistan Kopf der Terrorzelle hätte abgeschoben werden sollen
Konfliktreiches Land. US-Präsident Trump warf Pakistan vor, Terroristen zu unterstützen – damit hat er nicht ganz unrecht. Spanien. Richter sah „keine wirkliche Bedrohung“
„Wir haben Pakistan Milliarden um Milliarden Dollar gegeben, und zur gleichen Zeit beherbergen sie die Terroristen, die wir bekämpfen. Das muss sich ändern – sofort“, sagte US-Präsident Donald Trump bei seiner Rede zur neuen Afghanistan-Strategie seines Landes. Ein Vorwurf, den Pakistan aufs Schärfste zurückweist: „Sie sollten Pakistan nicht zum Sündenbock für ihr Versagen in Afghanistan machen“, richtete Außenminister Khawaja Asif über einen TV-Sender den USA aus. Sein Land führe einen harten Kampf gegen den Terror.
Heftige Terrorwelle
Pakistan hat in der Tat ein Terrorproblem – allein in diesem Jahr starben 378 Menschen bei 23 Terroranschlägen, meistens durchgeführt von den Pakistanischen Taliban (TTP), aber auch von einem Ableger der Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS). Im Nordwesten des Landes, in autonomen Stammesgebieten, haben sich die Islamisten seit Jahren festgesetzt. Das Ziel der TTP ist es, in Pakistan einen islamischen Staat zu etablieren – bis jetzt haben sie zwar beinahe jede Schlacht gegen die pakistanische Armee verloren, die Terroranschläge werden jedoch heftiger.
Seit 2004 führt Pakistan einen offenen Konflikt gegen diese Kräfte – und unterstützt trotzdem die Taliban in Afghanistan. Dies wirkt auf den ersten Blick verwirrend, jedoch haben die beiden Taliban-Gruppen unterschiedliche Ausrichtungen und neben ihrem Namen und ihrer Religion wenig gemeinsam: Während die TTP ihren Fokus auf Pakistan legt, konzentrieren sich die Afghanischen Taliban vornehmlich darauf, die US-Streitkräfte zu bekämpfen und die Macht in Kabul zu erlangen.
Das kommt der pakistanischen Regierung gerade recht. Sie hat großes Interesse daran, dass Afghanistan instabil bleibt, denn die jetzige Regierung in Kabul pflegt enge Beziehungen zu Indien, dem Erzfeind Pakistans. Und die Angst, von indischem Einfluss umzingelt zu werden, ist groß.
Häufig attackieren die Taliban indische Vertretungsgebäude in Kabul – viele machen dafür den pakistanischen Einfluss verantwortlich. Führende Mitglieder der afghanischen Taliban halten sich auf pakistanischem Staatsgebiet auf.
Einige Verstimmungen
Auch der Aufenthaltsort von Osama bin Laden warf viele Fragen auf. Jahrelang hatte Pakistan dementiert, dass sich der berüchtigte Terrorist im Land auf hielte. Doch gefunden wurde er in einem Anwesen in Abbottabad, einer Garnisonsstadt ganz in der Nähe der Hauptstadt Islamabad. Nach der Tötung Bin Ladens kam es deswegen zu diploma- tischen Verstimmungen zwischen den USA und Pakistan. Diese erreichten ihren Höhepunkt, als US-Truppen 2011 einen pakistanischen Grenzposten bombardierten und 28 pakistanische Soldaten töteten.
Trotz allem gilt das Land als enger Verbündeter der NATO und erhält hohe Geldbeträge für seine Kooperation. In der Vergangenheit war Pakistan eine wichtige Basis für US-Spezialkräfte, im Zuge des neuen Afghanistan-Kurses von Trump könnte das wieder so sein – falls sich der Ton beider Seiten mäßigt.
Es liegt auch im Interesse der USA, die Beziehungen zu Pakistan nicht vollends zu kappen: China gewinnt dort immer mehr an politischem und wirtschaftlichem Einfluss und ist für Islamabad ein willkommener Partner. Denn Indien ist beiden Ländern ein Dorn im Auge. Der Kopf der Terrorzelle vom Barcelona war – wie so viele islamistische Terroristen vor ihm – polizeibekannt. Mehr noch: Abdelbaki Es Satty hätte aus Spanien abgeschoben werden sollen. Immerhin war der Marokkaner wegen Drogenschmuggels vier Jahre in Spanien im Gefängnis gesessen. Allerdings legte er Einspruch ein – und dem wurde vor einem spanischen Gericht stattgegeben.
Die heute unglaublich klingende Begründung des Richters: Der Marokkaner stelle „keine wirkliche Bedrohung“dar und habe außerdem „Anstrengungen gezeigt, sich in die spanische Gesellschaft zu integrieren“.
Danach beantragte Abdelbaki Es Satty im November 2014 Asyl in Spanien. Auch dem wurde stattgegeben. Bekannt war zu diesem Zeitpunkt aber bereits: Im Gefängnis hatte sich Abdelbaki Es Satty mit Rachid Aglif angefreundet. Der sitzt wegen seiner Beteiligung an den Bombenanschlägen auf Vorortezüge in Madrid 2004.
In der Folge ließ sich Es Satty in der katalanischen Kleinstadt Ripoll nieder‚ wo er als Imam tätig wurde. Bald tauchte sein Name in Verbindung mit einer Gruppe auf, der IS-Nähe nachgesagt wurde und die Kämpfer für Syrien angeworben haben soll.
Warnungen ignoriert
Zuletzt wohnte Es Satty bei einem anderen Marokkaner, der ihn als zurückgezogen und wortkarg schilderte. Das aber mit einem Zusatz: Der 42-Jährige habe mehr Umgang mit Jugendlichen als mit Gleichaltrigen gepflegt. Von Ripoll aus soll Es Satty laut Ermittlern Reisen nach Frankreich und Belgien getätigt haben. Dort nahm er Kontakt mit einer Moschee im Brüsseler Vorort Vilvoorde auf, der für seine große Zahl an Islamisten bekannt ist. So wurden belgische Behörden auf ihn aufmerksam. Sie informierten ihre spanischen Kollegen. Auch diese Informationen wurden ignoriert.
Schließlich sollen einige Attentäter knapp vor der Tat in Paris gewesen sein. Wieso ist unklar.