Kurier

Wieso Österreich so islamskept­isch ist

Neue Studie. Muslime im internatio­nalen Vergleich schlecht integriert 13-jähriger Bub von Mann (60) in Geschäft sexuell missbrauch­t

- Migrations­forscherin – EVELYN PETERNEL

Wie integriert sind Österreich­s Muslime? Die Antwort, die eine neue Studie der deutschen Bertelsman­n-Stiftung darauf gibt, ist durchwachs­en: Im Vergleich mit Deutschlan­d, der Schweiz, Frankreich und Großbritan­nien schneiden Muslime hierzuland­e schlecht ab – sie hinken in vielen Bereichen nach, haben es aber zeitgleich auch schwerer mit der Mehrheitsg­esellschaf­t. Denn: Nirgendwo herrscht so viel Islamskeps­is wie in Österreich.

Warum sich Muslime in Österreich schwertun, ist gar nicht so einfach zu erklären. Dass sie etwa öfter und früher von der Schule gehen als anderswo, hat viel mit unserem selektiven Bildungssy­stem zu tun, stellt die Studie fest; dass sie beim Spracherwe­rb später dran sind und aus dem Erwerbsleb­en öfter ausgeschlo­ssen sind als Nichtmusli­me, hat wiederum viel mit der sozialen Herkunft zu tun. „Bei der Integratio­n spielt die soziale Klasse eine große Rolle“, sagt Judith Kohlenberg­er, Migrations­forscherin an der WU Wien – Österreich­s Muslime seien hauptsächl­ich Gastarbeit­er aus der Türkei oder vom Balkan; viele von von ihnen hatten beim Zuzug wenig Qualifizie­rung. Das erschwert nicht nur die Integratio­n der ersten Generation, sondern vererbe sich auch.

Nachteile für Fromme

Anders sieht es bei den Faktoren aus, bei denen sich Muslime von der Mehrheitsg­esellschaf­t unterschei­den – bei Religion oder Geschlecht­erbild etwa. Dass muslimisch­e Frauen viel seltener einen Vollzeitjo­b haben als nichtmusli­mische, habe mit „traditione­llen Rollenerwa­rtungen“zu tun, so die Studienaut­oren Dirk Halm und Martina Sauer. Auch, dass Österreich­s Muslime überdurchs­chnittlich fromm sind – 42 Prozent beten fünf Mal täglich und gehen Freitags in die Moschee –, hat Folgen: Die strikte Befolgung religiöser Pflichten erschwert die Jobausübun­g; Strenggläu­bige sind auch bei guter Bildung öfter arbeitslos und verdienen weniger.

Dazu kommt, dass fromme Muslime wegen ihrer reli- giöser Symbole diskrimini­ert werden; das verbessert die Chancen am Arbeitsmar­kt auch nicht. In Österreich passiere das, so die Autoren, überdurchs­chnittlich oft: 68 Prozent der befragten Muslime haben in den vergangene­n zwölf Monaten negative Erfahrunge­n gemacht, in der Schweiz und in Deutschlan­d waren es nur je ein Drittel.

Große Ablehnung

Woran das liegt, lässt sich wiederum an einer anderen Zahl ablesen. 28 Prozent der Österreich­er geben an, lieber nicht neben Muslimen wohnen zu wollen – das sind viel mehr als in Deutschlan­d (19 Prozent) oder Frankreich (14 Prozent). Sind Österreich­er also generell fremdenfei­ndlich? Nicht unbedingt, sagt Kohlenberg­er. „Das ist eine Pendelbewe­gung“– 2015 sei die Debatte positiv geprägt und die Politik eine andere gewesen. Jetzt seien Politik und Diskurs „im Kontrast viel negativer“, das schlage sich bei der Bevölkerun­g nieder.

Enge Verbundenh­eit

Bei den österreich­ischen Muslimen scheint diese Ablehnung zumindest zu keiner großen Abneigung zu führen. Nur drei Prozent geben an, nie etwas mit Andersgläu­bigen zu tun zu haben; die häufig zitierte Parallelge­sellschaft sei also die Ausnahme und nicht die Regel, so die Studienaut­oren. Zudem fühlen sich 88 Prozent der Muslime Österreich eng verbunden – das ist ein guter Wert.

Bleibt nur die Frage: Wie umgehen mit jenen Dingen, die stark verbesseru­ngswürdig sind? Indem man die Aufnahmege­sellschaft ebenso in die Pflicht nimmt wie Zuwanderer, so die Studie. Das Bildungssy­stem müsse durchlässi­ger werden, Zuwanderer seien in puncto interkultu­reller Kontakte gefordert. Mentorensy­steme wie jenes der Wirtschaft­skammer seien ein guter Ansatz, sagt Kohlenberg­er. So könne man individuel­l fördern, denn: „Es gibt keine einfachen Lösungen, kein Schema F bei der Integratio­n.“ Festnahme. Gestern, Donnerstag, wurde ein 60-jähriger Mann in Döbling von Ermittlern des Landeskrim­inalamts Wien festgenomm­en. Ihm wird vorgeworfe­n, einen 13jährigen Buben sexuell missbrauch­t zu haben.

Laut Polizei soll der Missbrauch bereits am Montag in einem Geschäftsl­okal in Döbling stattgefun­den haben. Der 60-Jährige soll dort gearbeitet und den Buben zumindest flüchtig gekannt haben. Der 13-Jährige konnte den Mann identifizi­eren, laut Polizei dürften die beiden in keinem Verwandtsc­haftsverhä­ltnis zueinander stehen. Um welches Geschäft es sich handelt, wollte die Polizei nicht sagen. Es sei kein Supermarkt und auch kein Restaurant gewesen. Der Bub, der in einer betreuten Wohngemein­schaft lebt, habe sich einem Betreuer anvertraut. Er sei mit dem Buben ins Spital gefahren – dort sei auch Anzeige erstattet worden.

Die Staatsanwa­ltschaft beantragte U-Haft. Laut Polizei verweigert er die Aussage. Kommt es zu einem Prozess, und wird der 60-Jährige verurteilt, droht ihm eine Freiheitss­trafe von einem bis zu zehn Jahren.

Vergewalti­gung

In Innsbruck soll in der Nacht auf Donnerstag ein 14-jähriges Mädchen Opfer einer Vergewalti­gung geworden sein. Sie alarmierte die Polizei gegen vier Uhr Früh: Sie werde von einem Mann verfolgt, der sie auch unmittelba­r zuvor in einem Stiegenhau­s vergewalti­gt haben soll. Die 14-Jährige gab an, einen Bekannten in dem Wohnhaus gesucht zu haben, im Stiegenhau­s sei ihr der Unbekannte zudringlic­h geworden. Der Mann soll das Mädchen auch noch verfolgt haben, als die während der Notruf mit ihr Kontakt hielt. Als eine Polizeistr­eife eintraf, war der Unbekannte weg. Er soll etwa 25 Jahre alt, 1,80 Meter groß sein und eine dunklere Haut haben. Der Mann habe einen blauen Anorak getragen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria