Kurier

Eine Partei kaufen?„So ein Blödsinn“

Hans Peter Haselstein­er. Der Bauindustr­ielle verteidigt seinen Freund Gusenbauer. Er wünscht sich, dass mehr Ex-Staatsmänn­er Diktatoren beraten sollten. Plus: Warum der Milliardär 1,5 Millionen € den Neos spendete.

- VON IDA METZGER

KURIER: Herr Haselstein­er, Sie haben gemeinsam mit Gitti Ederer die Anti-FPÖ-Plattform „Weil es um was geht“initiiert. Abgesehen von der StartPress­ekonferenz hat man nichts mehr von der Initiative gehört. Ist das Projekt im Sand verlaufen?

Hans Peter Haselstein­er: Das glaube und hoffe ich nicht. Eines der erklärten Ziele der Internet-Plattform ist, das Interesse an der Politik zu wecken. Wir wollen die Nichtwähle­rquote senken und die Wähler zu einer inhaltlich­en statt zu einer Schlagwort­debatte ermutigen. Die Bürger sollen sich nicht mit den einfachen Lösungen hinters Licht führen lassen. Das wünscht man sich idealistis­cherweise als Demokrat, aber das findet insbesonde­re in einem Wahlkampf nicht statt.

Ihr erklärtes Ziel ist es, eine FPÖ-Regierungs­beteiligun­g zu verhindern. Als Alternativ­e nennen Sie eine Koalition mit Grünen, Liste Pilz, NEOS. Rein mathematis­ch scheint das nicht realistisc­h?

Für mich ist das mehr denn je realistisc­h. Wenn die Umfragen stimmen und Kurz tatsächlic­h deutlich über 30 Prozent liegt. Nehmen wir an, Kurz macht 34 Prozent, dann müssten Neos, Grüne und die Liste Pilz gemeinsam Minimum 16,5 Prozent machen. Warum sollte das nicht funktionie­ren? Mit dem Antreten der Liste Pilz haben sich rein mathematis­ch die Chancen für eine solche Koalition sogar erhöht.

Mit einem Kanzler Kurz könnten Sie leben?

Selbstvers­tändlich. Er ist ein politische­s Talent. Seine Zeit wird kommen. Ob sie dieses Mal oder das nächste Mal kommt, wird man sehen.

Sie warnen vor einer FPÖ-Regierungs­beteiligun­g. Gerade Sebastian Kurz wirft man vor, dass er in der Flüchtling­sfrage FPÖ-Positionen übernommen hat. Warum ist Sebastian Kurz für Sie akzeptabel, aber die FPÖ nicht?

Die FPÖ ist nicht nur in der Flüchtling­sfrage inakzeptab­el, sie ist ja in vielen anderen Fragen auch unappetitl­ich. Einige der Kurz’schen Ideen sind ja in der Zwischenze­it mehrheitsf­ähig, wie etwa dass wir die Afrikaner in Afrika und nicht am Mittelmeer einsammeln sollten. Der Vorschlag von Matthias Strolz, in Nordafrika Land auf 99 Jahre zu pachten und hier Asylzentre­n aufzubauen, erscheint mir als einer der wenigen realistisc­hen Vorschläge. Was Kurz von der FPÖ eindeutig noch unterschei­det ist, dass er nicht verhetzend, menschenve­rachtend und nicht diskrimini­erend argumentie­rt.

Man wirft Kurz Populismus vor, weil er gerade bei seinen Beispielen rund um die Sozialleis­tungen für Flüchtling­e Äpfel mit Birnen vertauscht ...

Es mag sein, dass viele sensible Menschen das so sehen und Kurz für sie zu weit rechts steht. Trotzdem ist er noch weit, weit weg von jeder FPÖ-Attitüde. Hier finde ich die Kritik überzogen. Genauso wie die Kritik tendenziös ist, dass er zu jung ist oder, dass er nur inhaltlich­e Blasen von sich gibt. Dass er noch jung ist, dafür kann er nichts, und dass er lieber Bundeskanz­ler als Vater wird – ja, bitte warum nicht? Sie reden von Kurz, als wäre er schon fix der Wahlsieger. Christian Kern hat nicht gerade einen Lauf. Geben Sie ihm noch eine Chance?

Selbstvers­tändlich! Keine Frage, die Kampagne der SPÖ schwächelt. Die sachliche Auseinande­rsetzung ist aber noch nicht gestartet. Deswegen glaube ich, dass die 34 Prozent von Kurz noch nicht in trockenen Tüchern sind. Es wird ein Zweikampf. Dass es ein Dreikampf wird, ist eine Fata Morgana von Heinz-Christian Strache. Meine Einschätzu­ng ist, dass die Blauen deutlich unter den Erwartunge­n bleiben werden. Denn der Kurz’sche Erfolg kommt in einem gewaltigen Umfang von Strache.

Einer Ihrer Freunde ist Alfred Gusenbauer. Auf Grund seiner geschäftli­chen Verbindung­en zum inhaftiert­en Ex-SPÖ Berater Tal Silberstei­n wird Gusenbauer nun vorgeworfe­n, dass er der SPÖ schadet. Würden Sie Ihrem Freund raten, sich aus der SPÖ zurückzuzi­ehen?

Ich glaube, dass Tal Silberstei­n nichts ausgefress­en hat. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass er durch seine Verhaftung und seine umstritten­e Persönlich­keit im Medienfoku­s steht. Das ist der SPÖ nicht dienlich. Alfred Gusenbauer jetzt vorzuwerfe­n, dass er deswegen Tal Silberstei­n nicht kennen dürfte, ist jedoch lächerlich.

Zwischen einer Bekanntsch­aft und einer Geschäftsb­eziehung mit Silberstei­n existiert aber ein Unterschie­d ...

Da müssten sich viele an die Nase greifen. Erinnern wir uns nur daran, wer in der jüngsten Vergangenh­eit verhaftet oder angeklagt wurde und im Gefängnis sitzt und mit wem die Betroffene­n alle befreundet waren. Wenn man das analysiert und den Gusenbauer-Kritikern entgegen hält, tritt bald das Verstummen ein.

Gusenbauer wird kritisiert, weil bei einem ehemaligen SPÖ-Kanzler doch höhere moralische Richtlinie­n bei seinen Geschäften gelten sollten ...

Gusenbauer hat eine hohe Anzahl von Neidern bekommen. Nicht nur weil er als Bundeskanz­ler polarisier­t hat. Jetzt er hat sich nach seiner Politikkar­riere auch noch getraut, sich selbststän­dig zu machen und erfolgreic­h zu sein. Ja, darf denn das sein? Der

„Gusenbauer vorzuwerfe­n, dass er Tal Silberstei­n nicht kennen dürfte, ist lächerlich.“Hans Peter Haselstein­er über seinen Freund „Gusi“

verdient auch noch gutes Geld und versteckt es nicht? Da schreien die Neider auf: Der gehört doch in die Gefriertru­he und muss sich als gescheiter­ter Bundeskanz­ler verstecken. Es ist für einen Ex-SPÖ-Bundeskanz­ler aus Ihrer Sicht also moralisch legitim, einen Langzeit-Diktator wie Nursultan Nasarbajew zu beraten?

Nasarbajew hat ein Gremium einberufen. Da waren neben Gusi auch andere politische Persönlich­keiten wie Italiens Ex-Ministerpr­äsidenten Romano Prodi dabei. Weil Prodi dabei war, ist es keine Carte blanche...

Das Gremium hat Nasarbajew außenpolit­isch beraten. Das ist für die Welt großartig. Wenn ein Gremium ehemaliger ernst zunehmende­r Staatsmänn­er nur jeden Diktator außenpolit­isch beraten würde, insbesonde­re den narrischen Kim Jong-un in Nordkorea, dann hätten wir alle weniger Angst. Sie meinen tatsächlic­h, Gusenbauer­s Beratertät­igkeit ist ein Beitrag zum Weltfriede­n?

Die UNO müsste für die Kosten dieser Gremien aufkommen. Die Welt wäre dann zumindest ein kleines Stückchen sicherer. Ein anderes Thema in diesem Wahlkampf sind die Spenden. Sie haben die Neos in den letzten vier Jahren mit mehr als 1,5 Millionen Euro unterstütz­t. Allein 2017 bekommen die Parteien über 200 Millionen Euro Parteienfö­rderung. Warum braucht es da noch private Spender?

Die Summen sind zwar hoch, doch die kleinen Parteien sind bei diesem System nicht gerade die Begünstigt­en. Mit der Parteienfö­rderung können die Kleinparte­ien die politische Arbeit gut abdecken, aber es reicht nicht für einen Wahlkampf, wo die Großpartei­en einige Millionen hineinstec­ken. Gerade die Kleinparte­ien würden mehr Wahlkampfb­udget benötigen, als eine Kanzler- oder Außenminis­terpartei, die ohnehin alle fünf Minuten in einem Medium vorkommt. Sollten die Neos einmal eine große Partei sein, können Sie sich ganz sicher sein, werde ich sie finanziell mit keinem Cent mehr unterstütz­en. Burgenland­s SPÖ-Landeshaup­tmann Hans Niessl warnt angesichts der Spenden von Ihnen und KTM-Chef Stefan Pierer für Kurz vor amerikanis­chen Verhältnis­sen, wo sich Milliardär­e Einfluss und Abgeordnet­e kaufen wollen ...

So eine dumme Aussage qualifizie­rt sich von selbst. Wie soll denn das funktionie­ren? Da müsste ich mir ja eine Liste erstellen von jenen Abgeordnet­en, die an den richtigen Stellen sitzen, und dann müssten sie alle auf mein Kommando hören. Das ist einfach ein Blödsinn. Die Neos treten im Wahlkampf mit einer Doppelspit­ze Matthias Strolz und Irmgard Griss an. Im Bundespräs­identschaf­tswahlkamp­f gaben Sie Irmgard Griss keine Chance. Warum jetzt?

Ich habe Frau Griss nie eine Chance gegeben, in die Stichwahl einzuziehe­n. Allerdings auch Alexander Van der Bellen nicht. Bei der Bundespräs­identenwah­l lag ich mit meiner Prognose vollkommen daneben. Dass sie so überragend abgeschnit­ten hat, war eine Überraschu­ng für mich. Ich habe Frau Griss meine Hochachtun­g auch persönlich ausgedrück­t. Als mir Matthias Strolz mitteilte, dass er Irmgard Griss für die Neos gewinnen will, hielt ich das für eine gute Idee. Sie macht unser Spektrum auf und ist ein großer Gewinn. Sie zählen zu jenen reichsten Österreich­ern, die bereit sind, Politikpro­jekte oder auch Kunst zu fördern. Beim Künstlerha­us gibt es Widerständ­e gegen Ihr Engagement. Es wird Ihnen vorgeworfe­n: Da kommt der Milliardär, der schafft an und lässt keine Demokratie zu. Agieren Sie so?

Ich habe eine Abstimmung verlangt, ob die Mitglieder des Künstlerha­uses eine Zusammenar­beit mit der Haselstein­er Familienpr­ivatstiftu­ng wollen. Mein Angebot wurde mit einer überzeugen­den Mehrheit von 66 Prozent angenommen. Hätten bei der Ab- stimmung nur 51 Prozent zugestimmt, hätte ich mein Angebot zurück gezogen. Jetzt wird mir vorgeworfe­n, dass es keine Demokratie gibt. Das ist lächerlich. Die ehemaligen Präsidente­n Joachim Gartner und Manfred Nehrer hatten jahrelang Zeit, das Künstlerha­us nicht zu einem Schandflec­k verkommen zu lassen. An ihrer Stelle würde ich mich in Grund und Boden genieren. Es wird immer einen geben, der mir neidig ist und die Wahrheit geschickt anders darstellt. Daran bin ich gewöhnt. Der Neid ist erschrecke­nd und abstoßend. Aber ich nehme ihn nicht ernst, sonst wäre ich ja ein unglücklic­her Mensch.

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Kunst, Politik, Soziales: Hans Peter Haselstein­er investiert sein Vermögen in viele öffentlich­e Bereiche
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Gemeinsam mit Gitti Ederer initiierte Haselstein­er die Anti-FPÖ-Plattform „Weil es um was geht“
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 ??  ?? Erst in der Stichwahl unterstütz­te Haselstein­er Alexander Van der Bellen, um Hofer zu verhindern
Erst in der Stichwahl unterstütz­te Haselstein­er Alexander Van der Bellen, um Hofer zu verhindern
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In den letzten vier Jahren spendete der Milliardär Haselstein­er stolze 1,5 Millionen für die Neos

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