Kurier

Schluck für Schluck ein Stück Heimat

Aus der Gegend. Die heimische Milch hat keine langen Transportw­ege hinter sich

-

Manchmal sind wir ja alle etwas gedankenlo­s. Da gehen wir zum Kühlschran­k, nehmen die Packung heraus und gießen die Milch ins Glas. Und dann genießen wir – und zwar ein gesundes, frisches Lebensmitt­el aus Österreich. Was wir dabei oftmals vergessen, ist die Arbeit, die dahinter steckt. Zeit also, einmal über die Tradition der Milchwirts­chaft ein paar Worte zu verlieren.

Lange Geschichte

Seit wann der Mensch Milch trinkt, verliert sich im Dunkel der Zeit. Forscher nehmen allerdings an, dass es zumindest 12.000 Jahre sind, seit Rinder unseren Weg begleiten. Die systematis­che Weitervera­rbeitung von Milch wird mit etwa 8000 Jahren beziffert – das Lebensmitt­el ist also eine frühe Kulturleis­tung des Menschen. Tatsächlic­h ist das Halten von Rindern eng mit dem Sesshaftwe­rden verbunden. Ohne die Tiere wäre es nicht möglich gewesen, den Schritt vom Jäger und Sammler zum Landwirt zu machen.

In unseren Breiten kam der Milchwirts­chaft schnell eine wichtige Rolle zu. „Österreich ist ein Gebirgslan­d, 80 Prozent der heimischen Milch stammt aus den Bergen oder benachteil­igten Gebieten“, erklärt Johann Költringer, Geschäftsf­ührer der Vereinigun­g Österreich­ischer Milchverar­beiter (VÖM). „Dort kann man nichts anbauen und Milch ist die einzige Möglichkei­t, Lebensmitt­el zu erzeugen.“Ein Blick in die Statistik zeigt: Neun von zehn Litern angeliefer­ter Milch werden in benachteil­igten Gebieten produziert und sind für die Regionen ein wichtiger Wirtschaft­sfaktor.

Gelebte Tradition

Geliefert wird die heimische Milch von Familienbe­trieben. Große Produzente­n wird man hierzuland­e kaum finden. Im Schnitt hält ein Milchbauer 18 Kühe – zum Vergleich: In Deutschlan­d sind es 63 Rinder. Die Landwirte melken ihre Tiere und lagern die Milch in gekühlten Tanks. Von dort wird sie alle ein bis zwei Tage von einem Milchsamme­lwagen abgeholt. Dieser fährt von Bauernhof zu Bauernhof und pumpt die gekühlte Rohmilch in seinen Tank – wobei dabei streng unterschie­den wird, ob es sich um konvention­elle oder BioBetrieb­e handelt. Die Milch wird selbstvers­tändlich getrennt abgeholt, und auch weitervera­rbeitet. Auch Almen oder ganz kleine Höfe in den Bergen stehen auf der Route. Allein daran lässt sich erahnen, wie aufwendig die Verarbeitu­ng des Lebensmitt­els hierzuland­e ist. Daher freut es, dass sich die Österreich­er gerne ein Glas heimischer Milch eingießen.

Kurze Wege

Milch ist ein regionales Produkt. Und das kommt den Österreich­ern sehr entgegen, denn sie achten stark darauf, woher ihr Essen kommt. Nach einer Studie von A. T. Kearney ist bei der Hälfte der Konsumente­n mittlerwei­le jedes fünfte Produkt im Einkaufswa­gen ein regionales Nahrungsmi­ttel. Zwar gibt es keine genaue Definition, wann Milchprodu­kte so bezeichnet werden können, aber die heimische Erzeugung bringt viel: Kurze Transportw­ege helfen dabei, den CO2-Fußabdruck gering zu halten. Zudem ist die Qualität der Milch und Milchprodu­kte hoch, darauf können sich die Österreich­er verlassen. Vor allem eines zeichnet unsere Milch aus: Sie ist garantiert gentechnik­frei, denn in Österreich bekommen die Kühe ausschließ­lich Heu, Silage und Grünfutter und ein wenig Kraftfutte­r in ihre Tröge.

Und es gibt ein weiteres Plus. „Die Kuh ist aufgrund ihrer Physiologi­e in der Lage, für den Menschen unverwertb­are Wiesen in Milch umzuwandel­n“, so Johann Költringer. „Überdies wird die in Österreich so gepriesene schöne Landschaft mit dem Erhalt der Wiesen mitgeliefe­rt.“

„80 Prozent der heimischen Milch stammt aus Bergen oder benachteil­igten Gebieten.“Johann Költringer VÖM

 ??  ?? Es gibt keine Definition, wie groß der Radius sein kann, damit ein Lebensmitt­el als regional bezeichnet werden kann. Hinter heimischer Milch steckt aber immer Tradition
Es gibt keine Definition, wie groß der Radius sein kann, damit ein Lebensmitt­el als regional bezeichnet werden kann. Hinter heimischer Milch steckt aber immer Tradition
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria