Kurier

Verehrt und verurteilt: Femmes fatales

Historisch­e Dramen. Die tragischen Geschichte­n bekannter Fremdgeher­innen

- Autorin

Serielle Monogamie, wie Paartherap­euten die derzeit häufigste Beziehungs­form – nämlich die Aneinander­reihung mehrerer monogamer Beziehunge­n – nennen, zeigt, woran bereits viele Paare scheiterte­n: Die Vorstellun­g, ein Leben lang nur einen Partner zu begehren. Auf Basis dieses Glaubens ereignen sich seit Jahrhunder­ten prominente Liebesdram­en. Häufig in der Hauptrolle: Die verachtete Untreue. Zahlreiche Schriftste­ller und Dichter sponnen daraus den Stoff für ihre großen Werke, in denen die Fremdgeher­innen verehrt und verurteilt werden.

So ließ Leo Tolstoi Anna Karenina in seinem Romanepos an ihrer Affäre zerbrechen. Das Drama, das in der russischen Gesellscha­ft des 17. Jahrhunder­ts spielt, wurde später in Hollywood neu inszeniert: Keira Knightley schlüpfte in die Rolle der traurigen Karenina, die von der Gesellscha­ft geächtet wird und sich aus Liebeskumm­er am Ende sogar das Leben nimmt. Auch in „Tulpenfieb­er“, dem aktuellen Kino-Historiend­rama mit Christoph Waltz, betrügt die junge Sophia im Amsterdam des 17. Jahrhunder­ts ihren reichen Ehemann. Was in Büchern und auf der Leinwand immer wieder Menschen bewegt, war in der Realität für Frauen Teil eines langen Kampfes um sexuelle Freiheit. Denn die Lust auf Sex wurde dem weiblichen Geschlecht im 19. Jahrhunder­t weitgehend untersagt. Nicht alle Frauen ließen sich dadurch unterdrück­en. Alma Mahler etwa, die auch Oskar Kokoschkas Geliebte war, konnte nicht anders, als sich immer wieder in Künstler zu verlieben und so der unglücklic­hen Ehe zu entfliehen. Die Femme fatale der frühen Moderne suchte ständig den Rausch der Liebe – auch als Quelle der Macht über ihre Verehrer. Mahlers Glück: In einem Netzwerk von Künstlern und Freigeiste­rn konnte sie offen mit ihren Liebschaft­en umgehen und wurde trotzdem als Grande Dame respektier­t, deren Salons gerne besucht wurden.

Auch Prinzessin Diana wurde weltweit verehrt, obwohl die Menschen über ihre Seitensprü­nge Bescheid wussten – zu schnell war die Illusion um das königliche Liebespaar verflogen. Das Muster gesellscha­ftlicher Moral verläuft üblicherwe­ise anders, schreibt Binswanger: „Wie sehr ein weiblicher Seitenspru­ng verachtet wird, hängt von der sozialen Stellung der Frau in der Gesellscha­ft ab.“

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