Berührbar bleiben
Zeit hat alle Geschwindigkeiten. Diesen Spruch sah ich einmal auf einer Postkarte, und er entspricht meinem Empfinden.
Die Urlaubstage dieses Sommers hatten ihre eigene Zeitqualität, jeder Tag war in der Früh ein unbeschriebenes Blatt, tröpfelte oft ganz langsam dahin – jetzt, nach dem Heimkehren, sind die Termine zahlreich und das Tempo wieder rasant, die nächsten Wochen bereits zu kurz für alles, das wartet.
Zeit hat auch alle Geschwindigkeiten im Rückblick.
Wie erst gestern zugetragen, erscheinen mir einige Ereignisse, auch jene, von denen jetzt oft gesprochen wird.
Erinnerungen
Zum Beispiel der Tod Lady Dianas vor 20 Jahren – ich weiß noch genau, ich war Ende August 1997 gerade zurück vom Weltjugendtag in Paris, ein beeindruckendes Erlebnis – über eine Million Jugendliche hatten vor dem Eiffelturm gesungen, gebetet, mit Papst Johannes Paul II. die Messe gefeiert. Gerade dort in der Nähe dieser beglückenden Zusammenkunft war die „Prinzessin der Herzen“wenig später in Paris tödlich verunglückt, gejagt von Paparazzis. Dass Prinzessin Diana die Schatten ihrer Öffentlichkeit sogar das Leben kosteten, und dass zwei Buben ihre Mutter verloren hatten, berührte mich damals sehr.
Wenige Tage später, der Tod von Mutter Teresa in Kalkutta, die kleine Frau, die so Großes für die Ärmsten der Armen geschaffen hatte. Für mich besonders traurig von ihrem Ableben zu erfahren, hatte ich sie doch auch persönlich kennenlernen und im Stephansdom empfangen dürfen- die Strahlkraft in ihrer Bescheidenheit ist mir heute noch präsent.
Warum sind diese Erinnerungen so klar, obwohl doch zwei Jahrzehnte, vergangen sind? Natürlich, sie werden auch lebendig gehalten, durch Bilder und die Fortführung des Werkes. Aber auch, weil damals viele von uns tief berührt waren, sei es durch die tragische Unfallgeschichte einer Prinzessin, sei es durch die beeindruckend gelebte Nächstenliebe in den Slums von Kalkutta einer wahrlich für Gott Wirkenden. Wir machten unser Herz weit für das Wesentliche im Leben, festgemacht an den Leben und Schicksalen von zwei öffentlichen Frauen.
Zeit hat alle Geschwindigkeiten. Aber erst unser Mitgefühl lässt unser Herz weiten, und Momente, die uns bewegen, werden Erinnerungspunkte in unserem Leben. Wenn wir jetzt wieder eintauchen in den Alltag, dann tut es gut, berührbar zu bleiben. Für Menschen, oft auch ganz nah, und für ihre Geschichten, für Freude, Not und auch die Trauer. Erst das bringt die Qualität in unsere Lebenszeit.