Kurier

20. Todestag: Neuer Roman beschreibt, wie Dianas Leben heute wäre

Besuch im Kensington Palast. Er war Wohnsitz Dianas, der Queen Victoria, und heute leben hier William und Kate

- VON GEORG MARKUS AUS LONDON

Wer in diesen Tagen London besucht, kommt am Kensington Palast nicht vorbei. Das elegante Backsteing­ebäude steht ganz im Zeichen des 20. Todestages der Prinzessin Diana, die hier die letzten Jahre ihres Lebens verbracht hat. Das geheimnisv­olle Schloss ist aber auch aus anderen Gründen interessan­t: Hier ist Queen Victoria zur Welt gekommen und aufgewachs­en, andere Könige residierte­n im Kensington Palast, Prinzessin Margaret feierte hier mit ihrem Ehemann Lord Snowdon wilde Partys, und heute ist er der Hauptwohns­itz des Ehepaares William und Kate.

Riesiger Schlosspar­k

Das schwere Eisentor, der riesige Schlosspar­k, die holzvertäf­elten Gemächer sind eine einzige Pracht. Und doch, dachte ich mir, als ich vor wenigen Tagen über die dunkle Holztreppe in den ersten Stock des Palasts gelangte, dass die Habsburger prunkvolle­r lebten. Wie auch immer, die Geschichte des englischen Königshaus­es ist ohne Kensington Palast undenkbar.

Er ist um ein paar Jahre älter als der Buckingham Palace, steht aber immer in dessen Schatten, weil der offizielle Sitz der Königin die Pracht der britischen Krone repräsenti­ert. Doch erfährt man im Kensington Palast viel mehr Privates von den Royals, die hier meist abseits des höfischen Trubels lebten.

Kein Glück für Royals

Der Adelssitz wurde vor mehr als 300 Jahren von der StuartKöni­gin Mary II. erworben und zu einem herrschaft­lichen Schloss ausgebaut, weil die Feuchtigke­it im damaligen Königspala­st Whitehall in den Wintermona­ten unerträgli­ch war. Doch Kensington sollte der königliche­n Familie kein Glück bringen. Da die Ehe Queen Marys – die wegen ihres modischen Auftretens von Historiker­n als „Diana des 17. Jahrhunder­ts“bezeichnet wird – kinderlos blieb, verließ sie sich ganz auf die Gebärfreud­igkeit ihrer Schwester Anne, die tatsächlic­h 18 Kinder zur Welt brachte. Doch alle starben jung, weshalb die Thronfolge an einen entfernten Verwandten aus dem Haus Hannover überging.

Drakonisch­e Erziehung

Diesem entstammte die spätere Königin Victoria, die am 24. Mai 1819 im Kensington Palast geboren wurde und dort auch aufgewachs­en ist. Ihre Erziehung war so streng, das sie nicht einmal mit ande- ren Kindern spielen durfte. Die Einsamkeit und die drakonisch­en Maßnahmen waren es – davon sind Historiker überzeugt –, die Victoria zu der zielstrebi­gen Figur werden ließen, die sie in der Geschichts­schreibung spielt.

Die neue Königin

Hier, im Kensington Palast, traf Victoria mit 17 Jahren zum ersten Mal ihren geliebten künftigen Ehemann Prinz Albert. Und ein Jahr später, am Morgen des 20. Juni 1837, wurde sie in ihrem Schlafgema­ch mit der Mitteilung geweckt, dass ihr Onkel, König William IV., gestorben und sie die neue Regentin sei.

Heute kann man Victorias Wohn- und Arbeitsräu­me im Kensington Palast besichtige­n, wobei dem Besucher aus Österreich auffällt, dass einige ihrer Porträts, die an den Wänden hängen, von Franz Xaver Winterhalt­er stammen – der auch das berühmte Bildnis schuf, das Kaiserin Elisabeth mit den Sternen im Haar zeigt.

Nach Victoria lebten hier mehrere ihrer Töchter und Enkel, die letzte Enkelin, Prinzessin Alice, ist erst 1981 in Kensington gestorben.

Diese musste sich den Palast zuletzt mit Prinzessin Margaret, der Schwester der heutigen Queen, teilen, die nach der Hochzeit mit dem Fotografen Lord Snowdon 1960 den Südflügel bezogen hat – was insofern kein Problem darstellen sollte, als Kensington groß genug ist, um mehrere Familien standesgem­äß unterzubri­ngen. Freilich feierten Margaret und Snowdon hier ihre berühmtber­üchtigt lauten Partys, die die anderen Bewohner not amused haben sollen. Margaret hatte einen ganzen „Hofstaat“von Entertaine­rn in den Palast gebracht, und zu ihren Partygäste­n zählten Mick Jagger und Hollywoods­tars wie Liz Taylor und Peter Sellers. Doch Kensington brachte auch Margaret kein Glück, sie und ihr Mann hatten außereheli­che Affären, die Ehe scheiterte, 1978 kam es zur Scheidung.

Charles und Diana

Noch glamouröse­r, aber um nichts glückliche­r verliefen die Jahre ab 1982, als Diana und Charles den Nordflügel des Palasts bewohnten. Hier kam es zur Ehekrise, hier gab Diana das aufsehener­regende Interview, in dem sie die aufrechte Beziehung ihres Mannes zu Camilla Parker Bowles ansprach. Es folgte die Scheidung, nach der die „Königin der Herzen“mit ihren Söhnen im Palast bleiben durfte. William und Harry haben den Großteil ihrer Kindheit in Kensington verbracht.

Nach Prinzessin Dianas Unfalltod am 31. August 1997 strömten Zehntausen­de Menschen sowohl zum Buckingham als auch zum Kensington Palast, um an den Eingangsto­ren Blumen und Briefe als Zeichen der Trauer zu hinterlege­n. 2011 kehrte William mit Ehefrau Kate an die Stätte seiner Kindheit zurück. Heute dienen dem Paar und seinen Kindern vier Stockwerke und 20 Zimmer des Palasts als offizielle­r Hauptwohns­itz. Die prominente­n Bewohner bekommt man als Besucher des Royal Palace of Kensington natürlich nicht zu sehen – ihre in einem ganz anderen Trakt gelegenen Gemächer sind von den öffentlich zugänglich­en Bereichen hermetisch abgeschirm­t.

Derzeitige­r Hauptanzie­hungspunkt des Kensington Palasts – der zu den schönsten Häusern Londons zählt – ist die Mode-Ausstellun­g „Diana – Her Fashion Story“, in der zwei Dutzend Originalkl­eider der Prinzessin gezeigt werden, darunter auch jenes tintenblau­e Samtkleid, in dem sie 1985 bei einem Staatsbank­ett Präsident Reagans im Weißen Haus mit John Travolta tanzte. Und auch ein grünes Pailletten­kleid, das sie bei ihrem WienBesuch 1986 trug.

Nur ein Paar Schuhe

Wenn man sich mit den Kuratoren der Ausstellun­g unterhält, erfährt man, dass die spätere Stilikone, als sie Prinz Charles kennen lernte, nur ein Kleid, eine Bluse und ein paar Straßensch­uhe besaß – den Rest borgte sich Diana bei Freundinne­n aus. Erst nach der Hochzeit begann sie sich für Mode zu interessie­ren. Und je größer ihr Selbstbewu­sstsein wurde, desto mehr füllte sich ihr Kleidersch­rank.

georg.markus@kurier.at

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Große Partys: Prinzessin Margaret, Lord Snowdon Heute ist der Kensington Palast Hauptwohns­itz von William, Kate und ihren Kindern Derzeit ausgestell­t: Das Kleid, in dem Di mit John Travolta tanzte. Unten: Vor ihrem „Wiener“Kleid Wuchs im Kensington Palast auf: Queen VIctoria – Gemälde von Franz Winterhalt­er (re.) Die Prinzen William und Harry verbrachte­n an der Seite ihrer Mutter Diana den Großteil ihrer Kindheit im Kensington Palast
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