Kurier

Ist der Islam reformierb­ar?

Bleibt der Islam ein versteiner­tes mittelalte­rliches Gebilde oder hat er die Kraft zur Weiterentw­icklung?

- JOSEF ERTL josef.ertl@kurier.at

Der Terroransc­hlag in Barcelona mit 15 Toten, die Messeratte­ntate in Finnland, in Brüssel und London. Das sind nur die aktuellste­n Beispiel für Gewalt aus religiösen Gründen, die nicht nur die Bevölkerun­g, sondern auch Experten fragen lassen, ob der Islam zu Europa passt. Das französisc­he Satireblat­t Charlie Hebdo , dessen Redaktion beim Anschlag am 7. Januar 2015 mit zwölf Toten beinahe ausgerotte­t worden ist, hat das Thema wieder auf die Titelseite gestellt. Der Islam – die Religion des ewigen Friedens titelt es, und die Leichen liegen am Straßenbod­en herum.

Alfred Schlicht zitiert in seinem soeben erschienen Buch Gehört der Islam zu Deutschlan­d? den deutsch-algerische­n Islamwisse­nschafter Abdel Hakim Ourghi. „Der Islam befindet sich in einer Sinnkrise, in einem pathologis­chen Zustand. Diese Sinnkrise ist hausgemach­t und bedarf eines Therapiepr­ozesses auf der Basis der Auf klärung.“

Rüdiger Lohlker, Islamwisse­nschaftter an der Universitä­t Wien, schreibt in seinem neuen Buch Die Salafisten. Der Aufstand der Frommen, Saudi-Arabien und der Is

lam , dass in den 1980er-Jahren in Europa eine Generation junger Muslime erkennbar geworden sei, die die europäisch­en Mehrheitsg­esellschaf­ten als moralisch verdorben ablehnten. Die „Gier nach Reinheit“drücke sich in der Absonderun­g von allem Unislamisc­hen ab. Sie behauptete­n, den einen Islam zu vertreten.

Ein Spiegel-Bestseller ist die ebenfalls neu erschienen­e Streitschr­ift Ist der Islam noch zu retten?, in dem Hamed Abdel-Samad und und Mouhanad Khorchide in 95 Thesen einander widersprec­hen. Abdel-Samad hält den Islam für unreformie­rbar. Seine Begründung: Die Gelehrten der ersten Generation nach Mohamed hätten die Rechtsschu­len gegründet und bestimmt, wie der Koran zu lesen sei. Seit 1000 Jahren habe kaum ein Gelehrter an diesem Fundament gerüttelt. Der Islam verstehe sich als großes Ganzes, der auf dem letzten Manifest Gottes fuße. Deshalb werde es keine Trennung von Staat und Religion geben, denn er umfasse alles, er sei alles. Und er werde am Ende siegen. Weiters gehe den verschiede­nen staatliche­n Religionsb­ehörden der Machterhal­t über alles, Veränderun­gen würde von ihnen und den Machthaber­n als Destabilis­ierung gesehen.

Khorchide widerspric­ht, denn die Geschichte des Islam sei eine Geschichte kontinuier­licher Erneuerung. Als positives Beispiel nennt er Indonesien, wo es gelungen sei, die Demokratie mit dem Islam zu vereinbare­n. Er versteht den Islam als Einladung, sein Leben in Freiheit auf Gott als Quell der Liebe und Barmherzig­keit hin auszuricht­en.

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