Ist der Islam reformierbar?
Bleibt der Islam ein versteinertes mittelalterliches Gebilde oder hat er die Kraft zur Weiterentwicklung?
Der Terroranschlag in Barcelona mit 15 Toten, die Messerattentate in Finnland, in Brüssel und London. Das sind nur die aktuellsten Beispiel für Gewalt aus religiösen Gründen, die nicht nur die Bevölkerung, sondern auch Experten fragen lassen, ob der Islam zu Europa passt. Das französische Satireblatt Charlie Hebdo , dessen Redaktion beim Anschlag am 7. Januar 2015 mit zwölf Toten beinahe ausgerottet worden ist, hat das Thema wieder auf die Titelseite gestellt. Der Islam – die Religion des ewigen Friedens titelt es, und die Leichen liegen am Straßenboden herum.
Alfred Schlicht zitiert in seinem soeben erschienen Buch Gehört der Islam zu Deutschland? den deutsch-algerischen Islamwissenschafter Abdel Hakim Ourghi. „Der Islam befindet sich in einer Sinnkrise, in einem pathologischen Zustand. Diese Sinnkrise ist hausgemacht und bedarf eines Therapieprozesses auf der Basis der Auf klärung.“
Rüdiger Lohlker, Islamwissenschaftter an der Universität Wien, schreibt in seinem neuen Buch Die Salafisten. Der Aufstand der Frommen, Saudi-Arabien und der Is
lam , dass in den 1980er-Jahren in Europa eine Generation junger Muslime erkennbar geworden sei, die die europäischen Mehrheitsgesellschaften als moralisch verdorben ablehnten. Die „Gier nach Reinheit“drücke sich in der Absonderung von allem Unislamischen ab. Sie behaupteten, den einen Islam zu vertreten.
Ein Spiegel-Bestseller ist die ebenfalls neu erschienene Streitschrift Ist der Islam noch zu retten?, in dem Hamed Abdel-Samad und und Mouhanad Khorchide in 95 Thesen einander widersprechen. Abdel-Samad hält den Islam für unreformierbar. Seine Begründung: Die Gelehrten der ersten Generation nach Mohamed hätten die Rechtsschulen gegründet und bestimmt, wie der Koran zu lesen sei. Seit 1000 Jahren habe kaum ein Gelehrter an diesem Fundament gerüttelt. Der Islam verstehe sich als großes Ganzes, der auf dem letzten Manifest Gottes fuße. Deshalb werde es keine Trennung von Staat und Religion geben, denn er umfasse alles, er sei alles. Und er werde am Ende siegen. Weiters gehe den verschiedenen staatlichen Religionsbehörden der Machterhalt über alles, Veränderungen würde von ihnen und den Machthabern als Destabilisierung gesehen.
Khorchide widerspricht, denn die Geschichte des Islam sei eine Geschichte kontinuierlicher Erneuerung. Als positives Beispiel nennt er Indonesien, wo es gelungen sei, die Demokratie mit dem Islam zu vereinbaren. Er versteht den Islam als Einladung, sein Leben in Freiheit auf Gott als Quell der Liebe und Barmherzigkeit hin auszurichten.