Wie das Herz gesund bleibt
Entzündungshemmendes Medikament hilft. Außerdem Ehe, Kaffee und dunkle Schoko.
Entzündungen im Körper abschwächen – und damit das Herzinfarktrisiko senken: Das könnte ein neuer Ansatz in der Herzmedizin werden. Manche Experten sprechen bereits vom größten Durchbruch auf diesem Gebiet seit der Einführung der Cholesterinsenker (Statine).
Auslöser für diese Euphorie sind Daten, die am Europäischen Kardiologenkongress in Barcelona von USWissenschaftern präsentiert wurden. Für die Studie wurden 10.000 Patienten ausgewählt, die bereits einen Herzinfarkt hinter sich hatten und gleichzeitig sehr hohe Blutwerte des Eiweißstoffes CRP (C-reaktives Protein) – der wichtigste Laborwert zur Erkennung einer Entzündung – aufwiesen.
Zusätzlich zur Standardtherapie erhielt eine Hälfte alle drei Monate einen entzündungshemmenden Antikörper (Canakinumab), die andere ein Placebo injiziert.
Resultat nach im Schnitt vier Jahren Behandlung: Jene Patienten, die die höchsten Dosierungen des Antikörpers bekamen, hatten ein um 15 Prozent niedrigeres Risiko für einen zweiten Infarkt. Gleichzeitig sank die Häufigkeit von Lungenkrebs.
„Sensationell“
„Das ist sensationell“, sagt dazu Prim. Univ.-Prof. Andrea Podczeck-Schweighofer, Präsidentin der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft. „Denn dieser Antikörper hatte keinen Einfluss auf den Cholesterinspiegel. Es muss also ein anderer Mechanismus sein, über den das Medikament wirkt.“
Statine sind zwar sehr effizient in der Verbeugung von (weiteren) Herzinfarkten – dennoch erleidet rund ein Viertel der Patienten trotz Einnahme der Cholesterinsenker innerhalb von fünf Jahren einen neuerlichen Infarkt. Die neue Therapieform könnte also möglicher- weise die Rate von Zweit-Infarkten senken.
Seit Langem weiß man, dass nicht nur hohe Cholesterinwerte, sondern auch Entzündungsprozesse eine Rolle beim Voranschreiten von Atherosklerose (Gefäßverkal
kung) spielen. Der Antikörper greift in diese vom Immunsystem ausgelöste Abwehrreaktion ein – und dämpft sie. „Noch ist diese Therapieform aber im Forschungsstadium und kann nicht in der Routine eingesetzt werden“, so die Kardiologin.
Bereits in Verwendung ist eine neue Gruppe von Cholesterinsenkern (PCSK9-Inibibitoren): „Sie werden derzeit vor allem jenen Patienten gegeben, die unter einem ge- netisch bedingten hohen Cholesterinspiegel leiden – oder die herkömmlichen Statine nicht vertragen.“
Immer wieder gibt es Diskussionen, welche Patienten – wenn es noch keinen Herzinfarkt oder Schlaganfall gab – einen Cholesterinsenker bekommen sollen und ob diese nicht zu rasch verschrieben werden. Dazu Podczeck-Schweighofer: „Ob ein Cholesterinsenker verschrieben wird, hängt vom gesamten Risikoprofil des Patienten ab: Hat er auch einen hohen Blutdruck? Gibt es ein familiäres Risiko? Und welche Lebensstiländerungen sind möglich? Nur einen einzelnen Laborwert zu behandeln, das ist schlecht.“