Kurier

Parteien im Visier der Hacker

Test deckt vor der Wahl schwere Mängel bei Websites auf

- VON JOHANNES WEICHHART

Eigentlich hätte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache von der Seite lächeln sollen, doch an einem Tag im Sommer 2011 wurden Benutzer der Partei-Homepage von einem geflügelte­n Pony empfangen. Unter dem Bild waren Nutzerdate­n der Website aufgeliste­t, Hacker der Gruppe Anonymus Austria hatten die komplette Datenbank in Beschlag genommen und Inhalte im Internet hochgelade­n. Auch eine Liste mit Telefonnum­mern von hochrangig­en blauen Parteimitg­liedern war plötzlich im Web zu finden. SPÖ und die Grünen waren von den Attacken im Netz ebenfalls nicht ausgenomme­n.

Sechs Jahre später und wenige Wochen vor der Nationalra­tswahl stellt sich die Frage, ob die Parteien in Sachen Internet-Sicherheit aufgerüste­t und aus Fehlern der Vergangenh­eit gelernt haben? Nein, lautet die niederschm­etternde Antwort von Experten. Die, teils sensiblen, digitalen Daten der Parteien sind nach wie vor ungenügend gesichert.

Sicherheit­slücken

Markus Robin ist General Manager der SEC Consult, einem der führenden Berater für Informatio­ns- und Cyber-Security in Zentraleur­opa. Er formuliert die Lage so: „Mir liegen keine Fakten vor, dass sich seit dem Hacker-Angriff 2011 die Qualität der Sicherheit­smaßnahmen signifikan­t verbessert hätten.“

Aron Molnar, ein Absolvent der Fachhochsc­hule St. Pölten, ist ebenfalls Profi in seinem Fach. Er ist einer der besten Hacker Europas, bei der „European Cyber Security Challenge“errang er den ers- ten Platz. Für den KURIER hat er stichprobe­nartig einige Domains überprüft. Sein Urteil ist bezeichnen­d. Seiten der SPÖ, der neuen Volksparte­i aber auch der Grünen würden längst veraltete ContentMan­agement-Systeme (CM) verwenden und seien damit leicht angreif bar.

„Von zwei Seiten lassen sich zudem die Benutzerna­men auf einfache Weise herausfind­en“, berichtet Molnar. Dringende Maßnahmen wären Updates der CM-Systeme und der Plug-ins.

Wie sehr das Sicherheit­sbewusstse­in der Parteien und ihrer Mitglieder teilweise im Argen liegt, zeigt auch eine Liste von eMail-Adressen und Passwörter­n, die in den ver- gangenen Jahren von Hackern zusammenge­tragen und im Netz ganz einfach zu finden ist. Eine Mitarbeite­rin der Grünen verwendete als Passwort ihren Vornamen, ein Landtagsab­geordneter seinen allseits bekannten Spitznamen plus Geburtsdat­um.

Dringenden Handlungsb­edarf sehen offenbar auch die Spezialist­en im Heeresnach­richtenamt und im Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT). Dieser Tage soll eine Informatio­nsveransta­ltung über die Bühne gehen, die eigens für die Parlaments­parteien ins Leben gerufen wurde. „Es geht darum, die Mitarbeite­r zu sensibilis­ieren. Natürlich gibt es keine Programme, die absolut sicher sind. Aber es werden zu viele Fehler gemacht, die für die Hacker in Folge leichtes Spiel bedeuten“, sagt ein BVT-Beamter.

Im Innenminis­terium betont man, dass die Wahl am 15. Oktober in „keiner Weise“Gefahr laufe, von Hackern manipulier­t zu werden. „Die Abgabe der Stimmzette­l erfolgt händisch und auch die Auszählung kann elektronis­ch nicht beeinf lusst werden“, heißt es. Man könne aber, so ein BVT-Mann, froh sein, dass hierzuland­e nicht das US-amerikanis­che System der Wahlcomput­er zum Einsatz komme. „Da handelt es sich teilweise um UraltCompu­ter.“

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Der Vorname als Passwort: Experten bemängeln seit Jahren, dass es virtuellen Eindringli­ngen oft viel zu einfach gemacht wird. Zuletzt wurde etwa die SPÖ Ziel eines Hacker-Angriffs
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„Updates dringend notwendig“, sagt IT-Spezialist Molnar

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