Kaufen, Lagern, Zeigen: Neue Struktur für den Kunstschatz der Stadt Wien
Interview. Berthold Ecker wechselt ins Wien Museum und resümiert 10 Jahre „Museum auf Abruf“
Mit einer Querschnitt-Ausstellung feiert das MUSA, die Schaufläche für die Kunstsammlung der Stadt Wien nahe dem Rathaus, ab 8.9. ihr zehnjähriges Bestehen. Berthold Ecker, als Referatsleiter bisher für Kunstankäufe und deren Präsentation zuständig, wird ab 2018 im Wien Museum weiterarbeiten – das MUSA wird an dieses angegliedert, die Referatsleitung neu besetzt. Ecker verspricht sich mehr Sichtbarkeit für die 40.000 Objekte starke Sammlung, die die Breite der Wiener Szene zeigt. Welchen Unterschied brachte der Raum des MUSA für die Sammlung der Stadt Wien? Berthold Ecker: Die Artothek war eine Gründung von Helmut Zilk aus den 1970ern, es gab eine „Förderungsgalerie“für junge Künstler. In den 80ern kam dann die Startgalerie in der Schönlaterngasse dazu. Das wurde bei Weit- em nicht so wahrgenommen wie die Halle beim Rathaus. Von der Fläche her sind wir eine Mittel-Institution wie die Secession. Wir machen Ausstellungen zu gesellschaftlich relevanten Themen, dazu monografische Ausstellungen, wobei der Schwerpunkt auf Positionen liegt, die wenig bekannt, aber qualitätvoll sind. Wir haben kaum Werbebudget und doch jedes Jahr rund 20.000 Besucher. Wie viel Geld hat das MUSA für den Betrieb zur Verfügung, wie viel für Ankäufe?
Die Ankäufe sind ein Förderinstrument der Stadt, sie werden über eine Jury vergeben, die einmal im Jahr zusammenkommt. Da werden meist um die 30 Ankäufe vorgeschlagen. Momentan stehen dafür jährlich 240.000 Euro zur Verfügung. Das MUSA hat mit den Förderungen nur insofern zu tun, als ein Ankauf eine Sammlung erzeugt, die eine Schaufläche braucht. Rein für Ausstellungen sind rund 200.000 € pro Jahr da. Deswegen wird das MUSA auch ans Wien Museum übertragen, weil es logisch eher in diesem Komplex zu Hause ist. Sie werden also Kurator des Wien Museums und nicht mehr Referatsleiter im Kulturamt?
Ja. Die zeitgenössische Kunst ist dann meine Agenda im Wien Museum – mit der Sammlung, mit dem MUSA. Effektiv mit Jahreswechsel. Sind Sie dann in die Ankäufe der Stadt weiter involviert?
Es wäre sinnvoll, aber es ist noch nicht geklärt. Sie könnten diese Entwicklung auch als Kürzung Ihrer Kompetenzen empfinden.
Nein, eigentlich nicht. Es ist eine Aufwertung für beide Seiten. Es ist auch eine Strukturbereinigung. Die Kulturabteilung ist ja eine Förderabteilung, ein Museum ist nicht die Kernaufgabe. Daher ist das ein logischer Schritt, das dem Wien Museum zu übertragen. Was ist die Seele der Sammlung?
Bei uns ist das Kriterium „höchstmögliche Qualität bei größtmöglicher Breite“. Ich dokumentiere anhand der Sammlung die Kunstförderung der Stadt, zeige aber auch, was tatsächlich in der Szene los war. Bei den Ausstellungen über die Jahrzehnte 1950–’80 sah man Frühwerke von Leuten, die später berühmt wurden – und Dinge, die vergessen wurden.
Das Geschichtsbild dieser Zeit ist nicht endgültig, man merkt noch das Geschie- be: Wer war wichtig, wer kommt noch in den Vordergrund, wer tritt zurück? Wenn man den Fokus möglichst lange offen hält, wird das Bild einfach besser. Die Förderung von Kunst durch Ankäufe ist ein Spezifikum für einen Sozialstaat und speziell für das rote Wien. Der Künstler Lukas Pusch bemängelte, dass dies die Kunst weniger konkurrenzfähig mache. Was sagen Sie?
Österreich hat eine Sonderentwicklung. Es war ein extrem feudal geprägter Staat, da hat sich kein Bürger- tum wie in Deutschland oder der Schweiz herausgebildet. Das Großbürgertum, das nach dem Ersten Weltkrieg da war, ist vertrieben worden, sofern es überlebt hat – dadurch ist diese ganze Tradition völlig abgerissen. Die Wiener Szene ist aus meiner Sicht eine der besten in Europa, ihr steht aber ein sehr kleiner Markt gegenüber. Würde die öffentliche Hand da nicht ausgleichend eingreifen, stünde sie zum einen ohne Sammlungen da; zum anderen ermöglichen wir zum Teil auch die Szene damit.