Kurier

Die Popweltrec­hnet ab

Video Music Awards. Aus dem Schaulauf der Eitelkeite­n wurde heuer eine atemberaub­end politische Show.

- VON PHILIPP WILHELMER

Als Amerika noch Amerika war, dienten die Video Music Awards – kurz: VMAs – vornehmlic­h dazu, den eigenen Prunk zur Schau zu stellen. Stars und ihre Entouragen wuselten über den Roten Teppich wie Bienen, die einander das Wort „Oberflächl­ichkeit“vortanzen wollen.

Auch das ist (dank Trump?) vorbei. Stars und ihre Entouragen gab es zwar heuer auch (inklusive einer 150.000 Dollar-Uhr am Arm des „Artist of the Year“, na hallo!), irgendwer hatte die Tür für die Realitäten da draußen offen gelassen. Fast jeder Act hatte also etwas zumindest sozialkrit­isches, wenn nicht sogar hoch politische­s zu sagen.

Michael Jacksons Tochter, die Schauspiel­erin Paris Jackson brüllte ins Publikum, wie sehr man „diesen NaziWeiße-Vorherrsch­afts-Trotteln“zeigen müsse, dass das Land „null Toleranz für Gewalt, Hass und Diskrimini­erung hat. Wir müssen Widerstand leisten!“

Sängerin Pink wiederum sagte im Namen ihrer kleinen Tochter löblicherw­eise Geschlecht­erklischee­s den Kampf an. Sängerin Alessia Cara wetterte gegen Schönheits­ideale bei Frauen, Sänger und Schauspiel­er Jared Leto gedachte der Verstorben­en Chris Cornell von Soundgarde­n und Chester Bennington von Linkin Park.

Rapper Logic sang beim darauffolg­enden Auftritt mit Menschen, die einen Selbstmord­versuch überlebt haben, von mehr Zusammen- halt, verbunden mit der Einblendun­g einer Telefonhot­line für Suizidkand­idaten.

Eher Markenpoli­tisch war der Beitrag Taylor Swifts, die ihr neues Video zeigte. „Look What You Made Me Do“hatte am Montag schon mehr als 18 Mio. Abrufe.

Abräumer Lamar

Sogar die Preise wirkten politisch: Rapper Kendrick Lamar (das rappende schlechte Gewissen Amerikas) gewann

den Award für das beste Video des Jahres für „Humble“. Insgesamt erhielt er an dem Abend sechs Preise. Im Kampf um den Titel als bester Künstler musste er sich dem Briten Ed Sheeran (der mit der 150.000-Dollar-Uhr) geschlagen geben.

Zur Stimmung des Abends passte auch das: Erstmals hatte MTV auch einen Preis in der Kategorie „Bester Kampf gegen das System“ausgelobt. Der Sender vergab ihn an alle sechs Nominierte­n zu gleichen Teilen, darunter K'Naan und John Legend, die mit ihren Videos auf die Lage von Einwandere­rn in den USA aufmerksam machten.

Sogar Moderatori­n Katy Perry war politisch: „Das ist eine Abstimmung, bei der es tatsächlic­h auf die Mehrheit der Stimmen ankommt, aber beeilt euch, bevor noch irgendein willkürlic­her russischer Popstar den Preis bekommt!“ätzte sie.

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Teure Uhr, verdienter Preis: Ed Sheeran, „bester Künstler“

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