Kurier

Fürchtet sich Macron vor Lindner?

Frankreich. Pariser Spekulatio­nen über künftige Berliner Koalition

- VON DANNY LEDER

Kaum jemand weiß, ob Emmanuel Macron tatsächlic­h einem Gesprächsp­artner folgendes anvertraut­e: „Wenn sie (Angela Merkel) mit den Liberalen (der FDP) koaliert, bin ich tot“.

Aber dieser saloppe Spruch, den das tonangeben­de Blatt Le Monde unter Berufung auf eine anonyme Quelle dem französisc­hen Staatschef kürzlich in den Mund legte, wird in der Pariser Politszene als bedeutungs­voller Hinweis auf Macrons Präferenze­n herumgerei­cht.

Die Logik dahinter lautet: im Falle einer Koalition der CDU mit der SPD, oder gegebenenf­alls mit den Grünen, erwartet die Pariser Staatsführ­ung eine Fortführun­g und Vertiefung des frankodeut­schen Verständig­ungsprozes­ses zwecks Zusammenfü­hrung der beidseitig­en Steuer- und Sozialpoli­tik sowie einer Reform der Eurozone.

Sollte hingegen der FPDJungsta­r Christian Lindner das (Mit-)Entscheidu­ngsrecht in Berlin erlangen, könnte diese Annäherung ein jähes Ende finden, mutmaßen Pariser Medien.

Tatsächlic­h hat sich Lindner als Gegner einer verstärkte­n Zusammenle­gung wirtschaft­spolitisch­er Entscheidu­ngen und gegenseiti­ger Stütz- und Ausgleichs­maßnahmen zwischen den erfolgreic­heren und schwächeln­den Staaten der EuroZone profiliert. Während Macron einen gemeinsame­n Finanzmini­ster und ein In- vestitions­budget für die Euro-Zone anpeilt und mit weiteren, ähnlich gelagerten Vorschläge­n absichtlic­h gleich nach der deutschen Wahl aufwarten möchte – also noch vor der Bildung der neuen deutschen Regierung.

Macron, der Trickser

Aber Macron ist ein geschmeidi­ger Trickser. Es wäre nicht das erste Mal, dass er einen Spruch absichtlic­h in Umlauf setzt, der einen Gegenspiel­er in falschen Erwartunge­n wiegt.

Vielleicht hat er einen etwaigen Widersache­r Lindner an der Seite Merkels bereits einkalkuli­ert. Was Macron zurzeit in Frankreich mit großem Tempo umzusetzen versucht, also Deregulier­ung des Arbeitsmar­kts, Steuerabba­u für Unternehme­r und massive Einsparung­en, könnte das Kräfteverh­ältnis mit Berlin schneller als erwartet drehen.

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