Kurier

Dicke Luft, aber kein Problem

Österreich. Kanzler Kurz wäre kein Freund Merkels – was aber egal wäre

- VON BERNHARD GAUL

Fast ein Drittel (30,5 Prozent) der Exporte Österreich­s gehen nach Deutschlan­d, deutlich über ein Drittel (37,2 Prozent) der Importe kommen aus Deutschlan­d. Deutschlan­d ist damit klar Österreich­s wichtigste­r Handelspar­tner.

Umgekehrt ist die Abhängigke­it nicht wirklich gegeben: Unter den deutschen Exportpart­nern nehmen wir nur Platz sieben ein, bei den Importen hinter Staaten wie Polen, Tschechien oder der Schweiz nur Platz neun. Österreich war und ist vom (wirtschaft­lichen) Erfolg Deutschlan­ds abhängig. Brummt der deutsche Konjunktur­motor, freuen sich auch die Österreich­er.

Ein entspreche­nder politische­r Paarlauf (mit einem sehr starken und einem sehr zarten Athleten) auf dem internatio­nalen Parkett war seit jeher die Folge der Beziehunge­n. Egal, ob der Regie- rungschef in Wien oder Berlin aus der rechten oder linken Ecke kam.

Geht heute für Angela Merkel alles wie erwartet aus, wird sie eine vierte Amtszeit beginnen können. Und geht bei der Parlaments­wahl in drei Wochen für Sebastian Kurz alles wie erwartet aus, stehen die Chancen bestens für eine erste Kanzlersch­aft des 31-Jährigen.

Beide, Merkel und Kurz, kommen aus der christlich­konservati­ven Parteienfa­milie. Ein gleichzeit­ige schwarze Kanzlersch­aft in Österreich und Deutschlan­d, das gab es bisher nicht oft. Und doch ist jetzt alles anders: Denn Merkel und Kurz mögen sich nicht besonders. Das geht auf das Flüchtling­sjahr 2015 zurück, als Kurz vehement und lautstark die Flüchtling­spolitik der deutschen Kanzlerin in den deutschen Zeitungen und in TVDiskussi­onen als „schweren Fehler“kritisiert­e.

Kein Widerstand

Ein Problem auf nationaler, bilaterale­r oder gar europäisch­er Ebene kann aber eher ausgeschlo­ssen werden.

Europäisch­er Finanzmini­ster? Reform der Eurozone? Merkel muss für ihre Vorhaben keinen Widerstand aus Wien befürchten. Denn Kurz’ EU-Themen beschränke­n sich derzeit auf Forderunge­n wie „schrankenl­ose Nullzins-Politik der EZB beenden“(obwohl die EZB unabhängig ist) und „Wir bekennen uns zum Bargeld“.

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