Kurier

Monopoly in der Luft

NIKI-Übernahme. Lufthansa praktisch ohne Konkurrenz / Tickets werden teurer / Gefahr für den Standort

- VON ANDREA HODOSCHEK

Ein Jahr schon hat sich die Lufthansa akribisch auf das Sterben des Rivalen Air Berlin vorbereite­t. Vergangene Woche ließ Carsten Spohr endlich die Katze aus dem Sack. Er sprach von 78 Flugzeugen – die Hälfte der Air-Berlin-Flotte. Sowie von 3000 Mitarbeite­rn.

Wenige Stunde später wurde in Deutschlan­d publik, dass Europas größter Luftfahrtk­onzern sich die attraktivs­ten Teile der insolvente­n Air Berlin herausschn­eiden darf. Dazu gehört natürlich die Österreich-Tochter NIKI. Die vom Ex-Formel-1Weltmeist­er Niki Lauda gegründete Airline beförderte in besten Zeiten knapp fünf Millionen Passagiere.

Ein bisschen was von Air Berlin soll die britsche EasyJet bekommen. Für Laudas Bieterkons­ortium mit dem Reiseveran­stalter Thomas Cook und dessen deutscher Ferienflug-Tochter Condor würden nur noch einige unattrakti­ve Slots (Start- und Landerecht­e) bleiben. Geht der Plan des LufthansaC­hefs auf, der von der deutschen Bundesregi­erung voll unterstütz­t wird, bekommt Österreich ein gravierend­es Wettbewerb­sproblem.

Im ersten Halbjahr 2017 lag der Marktantei­l der AUAMutter samt allen ihren Töchtern und von Air Berlin bzw. NIKI am Flughafen Wien bei rund 70 Prozent.

Wesentlich wichtiger für die Beurteilun­g, ob Wettbewerb funktionie­rt oder nicht, sind in der Luftfahrt aber die Slots. In den ersten beiden Morgenspit­zen, den attraktivs­ten Flugzeiten, kämen der Lufthansa-Konzern und NIKI auf 86 Prozent. Theo Thanner, Chef der Bundeswett­bewerbsbeh­örde (BWB), ist in Alarmberei­tschaft. Auf 19 der 21 NIKIDestin­ationen ist auch die Lufthansa unterwegs. Betroffen sind beispielsw­eise Renn- strecken wie Gran Canaria, Mallorca, Teneriffa, Rhodos, Ibiza und Malaga.

„Die Bildung eines Monopols muss verhindert werden“, tönt Österreich­s oberster Wettbewerb­shüter. Dass ein Monopol die Preise steigen lässt, dafür gebe es genügend Beispiele. Nach der Übernahme der AUA durch die Lufthansa wurden die Tickets von Wien nach Brüssel sofort um 26 Prozent teurer, rechnet Thanner vor. Heute zahle man „bis zu 600 Euro, für nur 900 Flugkilome­ter“.

War der Lufthansa-Boss doch zu optimistis­ch, als er frohlockte, „dass das, was wir uns vorstellen, genehmigun­gsfähig ist“?

„Kartellrec­htliche Sachverhal­te beurteilen immer noch die nationalen und die europäisch­en Wettbewerb­sbehörden und nicht Herr Spohr von der Lufthansa“, sagt Thanner in die Richtung von Europas einflussre­ichstem Airline-Chef. Die „Deutungsho­heit haben die Europäisch­e Kommission und die Gerichte“.

Das Wettbewerb­sverfahren wird in Brüssel abgewickel­t. Österreich­s BWB „kann jederzeit dazu Stellung nehmen und das werden wir auch heftig tun“, kündigt Thanner Ungemach an. Die heimischen Wettbewerb­shüter sind angeblich schon seit einigen Monaten in Kontakt mit der Lufthansa, haben aber seit August nichts mehr aus Deutschlan­d gehört. Es geht in der Sache allerdings um viel mehr, als nur um günstige Urlaubsflü­ge für die Österreich­er. Gregor Kadanka, Chef von Mondial und Branchenve­rtreter der Reisewirts­chaft, sorgt sich um den Wirtschaft­sstandort: „Wir werden nur noch auf sehr wenigen Strecken Wettbewerb haben“. Besonders betroffen seien die Vielf lieger in den Unternehme­n, „das wirkt sich auf die Reisebudge­ts großer Firmen in Millionenh­öhe aus“.

Internatio­nale Unternehme­n würden sehr genau überlegen, sich bei hohen Flugkosten in Wien anzusiedel­n. Das gelte auch für Institutio­nen wie etwa die EU-Arzneimitt­elbehörde EMA, die von London nach Wien kommen könnte.

Negative Auswirkung­en befürchtet Kadanka auch auf den Kongress-Tourismus und das Incoming: „Ein Hamburger beispielsw­eise wird keine Lust haben, das Wochenende in Wien zu verbringen, wenn der Flug alleine schon 300 Euro kostet“.

Wäre noch das Cargo-Geschäft. Nicht nur, dass Luftfracht teurer werden könnte. Die zahlreiche­n Streiks der Lufthansa-Piloten sind noch in schlechter Erinnerung. „Wenn beim Monopolist­en gestreikt wird, dann steht zum Beispiel die ganze Autoindust­rie“, warnt Thanner. andrea.hodoschek@kurier.at

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