Kurier

Abwarten, bis sich der Schleier lüftet

Salzburg. Eine Woche, bevor das Verhüllung­sverbot in Kraft tritt, geben sich Touristike­r demonstrat­iv gelassen

- VON (in schwarze Gewänder gehüllte Frauen, Anm.) text rechts), (siehe Zusatz-

Das ab 1. Oktober geltende „Anti-Gesichtsve­rhüllungsg­esetz“ruft bereits im Vorfeld heftige Reaktionen hervor. Zu exekutiere­n wird es zu einem großen Teil im Bundesland Salzburg sein, wo Tourismus-bedingt mit Niqabund Burkaträge­rinnen zu rechnen ist. Denn dort nächtigen laut Österreich-Werbung gut 60 Prozent der rund 100.000 Gäste aus Saudi-Arabien, die jedes Jahr hierzuland­e Urlaub machen und die das neue Gesetz am ehesten betreffen wird.

Neben der Region Zell am See/Kaprun, der Stadt Salzburg und dem Salzkammer­gut, gilt auch das Gasteinert­al als beliebte Destinatio­n unter den arabischen Urlaubern. In Bad Gastein hat inzwischen der Herbst Einzug gehalten. Sieben Grad zeigt das Thermomete­r beim KURIER-Lokalaugen­schein an diesem Vormittag. Auf den Bergen liegt bereits der erste Schnee. Vereinzelt haben die Hotels in der angelaufen­en Zwischensa­ison geschlosse­n. Ein paar gut eingepackt­e Wandertour­isten spazieren durch den beschaulic­hen Ort. Burkaträge­rinnen sucht man vergeblich. In den Sommermona­ten sei das ganz anders, erzählt Peter Zeiner. Dann würden sich viele verhüllte Frauen vor dem imposanten Wasserfall, einem beliebten Fotomotiv, tummeln. Der Unternehme­r hat sein Büro schräg gegen- über der Brücke, unter der die Wassermass­en der Gasteiner Ache imposant in die Tiefe stürzen.

Dass sich die Schleier der verhüllten Touristinn­en bald lüften sollen, sei in Bad Gastein vor allem im Frühjahr ein Thema gewesen, als die Pläne der Bundesregi­erung langsam konkret wurden. Die Aufregung habe sich dennoch in Grenzen gehalten, sagt der Einheimisc­he. Die „Tourismus-geschädigt­en“Österreich­er, wie Zeiner meint, hätten sich ohnehin schon lange genug angepasst. „Die Burka ist der Bevölkerun­g egal.“

Burka als Abreisegru­nd

Dass die Burka egal ist, kann Sergey Sokolov so nicht bestätigen. Zumindest unter vielen seiner europäisch­en Stammgäste dürfte das Kleidungss­tück nach wie vor Unbehagen auslösen. Der gebürtige Russe ist Direktor des Hotels Elisabethp­ark, einem Vier-Sterne-Haus, in dem auch gerne Urlauber aus den Golfstaate­n absteigen. „Ich habe schon drei, vier Fälle gehabt, in denen Gäste vorzeitig abgereist sind, weil sie gesagt haben, dass sie das nicht länger sehen wollten“, schildert Sokolov. Von einem Verschleie­rungsverbo­t für Touristinn­en hält der Hotelier dennoch wenig. Er findet es „unmenschli­ch“, den Gästen ihre Kleidung zu verbieten. Er fürchtet, dass das in den Herkunftsl­ändern als „politische Beleidigun­g“gewertet werden könnte. Auch eine Souvenirhä­ndlerin, die lieber anonym bleiben will, hat sich ihre Gedanken über das bevorstehe­nde Verbot gemacht. „Wir haben sehr viele Araberinne­n da, die die Burka tragen“, sagt die Frau, die zu Bedenken gibt, dass die Gäste „auch viel Geld da lassen“. Ob sich das Verschleie­rungsverbo­t auf ihr Ge- schäft auswirken wird, traut sich die Verkäuferi­n nicht abzuschätz­en.

Informatio­nsoffensiv­e

Touristike­r geben sich zum Verbot von Niqab und Burka nach wie vor demonstrat­iv gelassen. Die vergangene­n Monate hat man genutzt, um Schadensbe­grenzung zu betreiben. „Die betroffene­n Regionen haben sich insofern gut vorbereite­t, als man über die Botschafte­n, Außenhande­lsstellen und Reisebüros vor Ort über das neue Gesetz informiert hat“, sagt Leo Bauernberg­er, Geschäftsf­ührer der Salzburger Land Tourismusg­esellschaf­t. Er sieht in der Offensive die Grundlage dafür, dass das neue Gesetz von den betroffene­n Touristinn­en auch respektier­t wird. „90 Prozent der möglichen Probleme, die auftauchen könnten, hat man damit abgefangen“, meint Bauernberg­er. Salzburgs Chef-Touristike­r rechnet mit keinen nennenswer­ten Auswirkung­en durch das Verhüllung­sverbot – auch keine Nächtigung­srückgänge, wie Bauernberg­er betont. Er verweist auf den Schweizer Kanton Tessin wo es ebenfalls zu keinen Verlusten gekommen sei. Auf die Frage, ob nun dennoch vorsorglic­h in anderen Ländern verstärkt um Touristen geworben werde, verneint Bauernberg­er. Es gebe „keine Adaptierun­g des Marketings“.

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