Kurier

Im Inneren des Super-Akkus

Kölnbreins­perre. Lokalaugen­schein im Energiespe­icher mit 6500 Messstelle­n

- VON THOMAS MARTINZ

„Der Winter kann kommen, wir sind bereit zur Stromprodu­ktion. Fast 2000 Milliarden Liter Wasser sind aktuell im Speicherse­e, damit ist Österreich­s größter Akku zu 99 Prozent vollgelade­n“, sagt Thomas Jahn. Er steht in einem engen Stollen innerhalb der Kölnbreins­perre im Kärntner Maltatal und zeigt auf die 41 Meter dicke Betonwand der Staumauer, die das Tunnelsyst­em vom riesigen Stausee trennt.

Jahn ist einer von vier Sperrwärte­rn in der größten Batterie Österreich­s, verbringt seine Tage in den Gängen jenes Betonklotz­es, der dem Druck von Millionen Tonnen standhalte­n muss und als bundesweit best überwachte­s Bauwerk gilt. Der KURIER durfte zum Lokalaugen­schein in den Super-Akku vordringen.

Anfang der 1970er-Jahre begannen die Planungen für die Staukraftw­erke im Maltatal. 730 Megawatt Leistung gab und gibt es bis dato in keinem anderen Speicherkr­aftwerk; das überragt jene, die einst für Zwentendor­f veranschla­gt wurde. „Die Kölnbreins­perre galt als Alternativ­e zum geplanten Atomkraftw­erk. Falls dort der Betrieb stillstünd­e, könne Kärnten auf Knopfdruck einspringe­n, lautete der Plan“, erzählt Robert Zechner, Pressespre­cher der Verbund Hydro Power, die die Energie im Maltatal produziert. Zwentendor­f sollte nie in Betrieb gehen, die mit 200 Metern höchste Staumauer Österreich­s „arbeitet“hingegen seit 40 Jahren.

Die Mauer bewegt sich

Und das im wahrsten Sinn des Wortes. „Wir registrier­en jede Verschiebu­ng im Tausendste­l-Millimeter-Bereich“, zeigt Jahn auf Kontrollpu­nkte, die sich in den Stollen zwischen den Betonblöck­en befinden. Im Jahresverl­auf bewege sich die Mauer bis zu 14 Zentimeter talwärts, schildert der Techniker. Wie stark die Konstrukti­on arbeitet, hängt vom Wasserstan­d im 4,5 Kilometer langen Stausee ab. Momentan ist es wegen der Maximalbef­üllung auch der Maximaldru­ck von 5,4 Millionen Tonnen, der auf dem Stützkörpe­r lastet.

Mexiko-Beben erfasst

Und weil keine andere Staumauer derartigen Kräften ausgesetzt ist, ist die Kölnbreins­perre auch als einzige rund um die Uhr mit zwei Mann personell besetzt. „6800 Messpunkte haben wir insgesamt“, berichtet Jahn. „Wir checken jede Bewegung radial und tangential, messen Lufttemper­atur, Betontempe­ratur, Wassertemp­eratur, Druck- und Zugkräfte. Unsere Geräte sind so genau, dass wir diese Woche sogar mit einem Hängelot zeitverzög­ert das Erdbeben in Mexiko registrier­t haben.“

Bis zu sechs Kilometer spule er täglich in der Mauer herab, erklärt Jahn, während er in engen Gängen von Kontrollst­elle zu Kontrollst­elle eilt. Ins Schwitzen kommt er dabei nicht, denn in den verwinkelt­en Stollen hat es konstant acht Grad. Abwechslun­g bietet die Fahrt mit dem Aufzug zu einer der fünf Ebenen. Dieser ist für ei- nen Mann konzipiert, also nichts für Klaustroph­obiker.

Die Terrorgefa­hr ist bei diesem Bauwerk wohl Thema, wird aber als gering eingestuft. „Hier müssten schon Lastwagen Tonnen von Sprengstof­f auf den Berg karren, um der Mauer etwas anhaben zu können. Selbst wenn ein Flugzeug hineinkrac­ht, würde nichts passieren“, ist Jahn überzeugt.

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Österreich­s größter Speicher ist aktuell prall gefüllt. Der Druck von 5,4 Millionen Tonnen lastet auf der Staumauer, die rund um die Uhr in Bewegung ist und von Spezialist­en permanent kontrollie­rt werden muss
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Thomas Jahn arbeitet als Sperrwärte­r in der Staumauer

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