Vor Kollers Büro: Der Teamchef und sein Direktor überließen anderen die Bühne
Tag des Sports. Ein Gewurl im Prater wie sonst bei einem Ländermatch. Nicht einmal einen Tormannausschuss weit entfernt von den Büros des Fußball-Teamchefs Marcel Koller und seines Sportdirektors Willibald Ruttensteiner hatte man eine Festbühne errichtet. Die Hauptdarsteller auf ihr waren andere.
Noch wird sogar darüber spekuliert, ob Noch-Teamchef Koller die für Donnerstag angekündigte Kaderbekanntgabe vornimmt. Ob ein Mister X aus dem Hut gezaubert wird. Oder ob Sportdirektor Ruttensteiner zum dritten Mal (seit 2005 und 2011) als Interims-Coach einspringen und zum Ausklang der misslungenen WMQualifikation zwei Mal (Serbien, Moldau) selbst den Taktstock schwingen wird.
Auch Ruttensteiner ist nicht unumstritten. Er hat Strukturen (Nachwuchs, Frauenfußball) in den ÖFB gebracht, sich zugleich aber in seinem Umfeld den Ruf eines Radlfahrers („Nach oben buckeln, nach unten treten“) eingehandelt. Auch muss sich der Oberösterreicher seit Jahren nachsagen lassen, der Spion vom Präsidenten Windtner (ebenfalls Oberösterreicher) und ein Schönfärber zu sein. Dass „ihre“ÖFBFrauen, die im Frühling noch keiner gekannt hatte, am gestrigen zweiten Herbsttag, mit dem Autogrammschreiben kaum nachkamen – damit wird allerdings auch Ruttensteiner nicht gerechnet haben.
Aus Mauerblümchen sind, wie die Begeisterung beim Tag des Sports um dine Prohaska und Kolleginnen im Prater zeigte, anerkannte, beliebte Spitzensportlerinnen geworden,
... die bei ihrer EM-Premiere als krasse Außenseiter Österreich zu Bronze und
zu einem sommerlichen Quotenrekord verhalfen;
und die zu Wochenbeginn beim WM-Quali-Auftakt ihr sympathisches Image noch aufpolierten, indem sie trotz eines 4:0-Sieges in Serbien (Quotenallzeitrekord für ORF Sport+) selbstkritisch von spielerischen Mängeln sprachen.
Allein der Zufall, dass auch Kollers Auswahl auf Serbien trifft, wird Mail-Poster und hauptberufliche Besserwisser zur populistischen Aufforderung veranlassen, dass sich die Herren Stars gefälligst die Damen zum Vorbild zu nehmen haben.
Das Wiener Serbien-Spiel (6. Oktober) wird tatsächlich zur Charakterfrage.Und zwar schon im Vorfeld, wenn sich herausstellt, ob die Einberufenen überhaupt auch alle kommen.
Abgesehen davon, dass ein Ländermatch selbst im Erfolgsfall nur ein Körberlgeld im Vergleich zu den obszön hohen Vereinsgagen bringt – Legionäre können bei ihren Arbeitgebern Bonuspunkte sammeln, wenn sie unter fadenscheinigen Gründen dem Nationalteam absagen an statt in einer ohnehin schon verkorksten Qualifikation eine Verletzung zu riskieren. Zumal – Leipzigs Ralf Hasen
ausgenommen – den ausländischen Klubtrainern der ÖFB-Teamkandidaten Österreichs Abschneiden so wurscht ist, wie wenn in China ein Eckfahnl umfällt.
wolfgang.winheim@kurier.at