Die armen Nachfahren der Familie Sacher
Franz und Eduard Sacher. Testamente gefunden
In dem Buch „Fundstücke“werden erstmals unbekannte Dokumente der Familie Sacher gezeigt, darunter private Briefe der Anna Sacher sowie die Testamente ihres Mannes Eduard und ihres Schwiegervaters, des Tortenerfinders Franz Sacher.
Dem bisher unveröffentlichten Nachlass ist zu entnehmen, dass Eduard Sacher in seinem „Letzten Willen“verfügte, dass neben seiner Witwe Anna Sacher und den drei gemeinsamen Kindern auch seine 26-jährige Tochter Rosa aus seiner ersten Ehe Hotelanteile im Wert von 500.000 Kronen ( erben würde. Daraus ergaben sich später riesige Erbschaftsstreitereien.
Rosa Sacher heiratete einen Gastwirtssohn, mit dem sie ein so ausschweifendes Leben führte, dass sie ihr gesamtes Vermögen verlor.
Gegenseitiger Hass
Obwohl sich im Lauf des Erbschafsstreits ein gegenseitiger Hass aufgestaut hatte und Anna ihrer Stieftochter hohe Summen für die Ablöse ihrer Hotelanteile zahlen musste, schickte Rosas ebenfalls verarmte Tochter Hermine 1927 einen Bettelbrief an Anna Sacher, auf den die Hoteliersfrau antwortete: „Liebe Hermine“, schrieb Anna, „ich will Ihnen zu Liebe Ihrer Mutter jeden Monat 50 Schilling schicken. Sie selbst verdient meine Nachsicht und mein Vergessen nicht, sie hat mir in uner- hörter Weise Alles angetan, was man einem Menschen antun kann. Ich kann vielleicht verzeihen, aber nicht vergessen. Anna Sacher.“
Im Jahr 1907 trat Rosa dann auch das Erbe ihres mit 90 Jahren verstorbenen Großvaters, des Tortenerfinders Franz Sacher, an. Doch auch sein Nachlass konnte sie und ihre Tochter Hermine nicht aus ihren finanziellen Nöten befreien. Laut dem mir ebenfalls vorliegenden Testament des Franz Sacher hatte er seiner Enkelin und seiner Urenkelin je 8000 Kronen
vermacht.
Annas Kinder
Rosa Sacher starb trotz mehrerer Erbschaften in großer Armut. Und auch ihre Tochter Hermine verbrachte ihren Lebensabend in wirtschaftlicher Not. Die Enkelin des reichen Hoteliers Eduard Sacher lebte bis zu ihrem Tod im Jahr 1982 in einer Zimmer-KücheKabinett-Wohnung in der Schüttelstraße in Wien-Leopoldstadt.
Eduards Kindern aus seiner zweiten Ehe mit Anna Sacher sollte es nicht besser ergehen. Tochter Franziska verstarb noch im Kindesalter, Sohn Eduard Sacher jun. ging mit einem von ihm gegründeten Kaffeehaus pleite, und Tochter Anna wurde mit dem Sohn des Rothschild-Zentraldirektors Julius Schuster verheiratet und beging knapp vier Jahre nach der Eheschlie
ßung Selbstmord.