Kurier

Vom Zauber des romantisch­en Balletts

Kritik. Elena Tschernisc­hovas Inszenieru­ng von Adolphe Adams „Giselle“holt das beliebte Stück mit Sorgfalt in die Gegenwart

- – SILVIA KARGL

Das romantisch­e Ballett „Giselle“zählt zu den meist gespielten und neu interpreti­erten Balletten aus dem 19. Jahrhunder­t. Auch die jüngste Wiederaufn­ahme des Wiener Staatsball­etts in der Wiener Staatsoper, wo das Werk zuletzt 2011 auf dem Spielplan stand, versprüht unveränder­t viel Charme.

Der Stoff greift Heinrich Heines Sage von den Todestänze­n der Wilis auf: Es sind noch vor der Hochzeit gestorbene Mädchen, die dazu verurteilt sind, jede Nacht zu tanzen. Sphären des Realen und des Irrealen prallen in dem Stück aufeinande­r.

Elena Tschernisc­hovas Choreograp­hie und Inszenieru­ng nach Vorbildern aus dem 19. Jahrhunder­t führt das Werk behutsam in die Gegenwart, ohne auf den Stil romantisch­er Ballette zu verzichten. Sie bleibt nicht zuletzt durch den Kontrast der beiden Akte lebendig, wobei das Corps de ballet im ersten Akt, der bei Bauern und Winzern spielt, noch nicht so präzise agiert wie zuletzt gewohnt. Umso präsenter Eno Peci als Wildhüter Hilarion, der das Bauernmädc­hen Gi- selle vergebens vor Herzog Albrecht warnt, und Franziska Wallner-Hollinek als Giselles Mutter Berthe, die in Tschernisc­hovas Version einst selbst betrogen wurde. In den pantomimis­chen Szenen erreicht die Aufführung die Qualität expressive­r Stummfilme. Ein Höhepunkt ist die so genannte Wahnsinnss­zene, in der Giselle erkennt, von dem bereits verlobten Albrecht bretrogen worden zu sein.

Der zweite „weiße“Akt, in dem die Wilis unter ihrer Königin Myrtha (stark: Rebecca Horner) tödliche Rache an betrügende­n Männern nehmen, gelingt nicht nur dem Corps de ballet deutlich besser. War Nina Poláková als Giselle im ersten Akt noch verhalten, so überzeugt sie als ätherische Wili im zweiten wesentlich mehr. Auch Denys Cherevychk­o als Herzog Albrecht vermag sein großes technische­s Können da noch besser zur Geltung zu bringen. Am Dirigenten­pult sorgte Valery Ovsyanikov für die umsichtige Leitung des Orchesters der Wiener Staatsoper.

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Im Dirndl, aber nicht auf der „Wiener Wiesn“: Nina Poláková und Denys Cherevychk­o tanzen in „Giselle“an der Wiener Staatsoper

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