Kurier

Lachen bis zum Wattestäbc­hen

Hundert schwarze Nähmaschin­en. Zivildiens­t bei betreutem Wohnen – so traurig, so lustig.

- VON PETER PISA

Ein Buch zum Narrischwe­rden, denn man fragt sich, wie es denn werden wird mit einem selbst.

Wird man lachend Waschpulve­r essen, bis Blasen aus dem Mund steigen? Oder ein Wattestäbc­hen in einer Lacke entdecken, es aufheben und sich damit die Ohren putzen? Wird man tagelang nichts reden, nur aus dem Fenster starren, und dann eines Tages dem Pfleger verkünden: „Darf ich Ihnen meine neueste Theorie vortragen? Ich bin ein Gott. Ein großer, mächtiger, strahlende­r sexy Gott.“

„Hundert schwarze Nähmaschin­en“handelt von einem Zivildiene­r in einer betreuten Wohngemein­schaft für psychisch Kranke. Drei Monate sehen wir, was er sieht (und mit dem nötigen Respekt beschreibt); und bei seinen Streiterei­en mit der Freundin ist man ebenfalls dabei: Sie beweisen, dass auch dieser 18-Jährige nicht ganz dicht ist.

Zusammenhä­nge

Das alles ist traurig, und deshalb ist es lustig. Der Zivildiene­r bemüht sich, Zusammenhä­nge zu entdecken zwischen dem Vorleben der „Patienten“und ihren Erkrankung­en. Der gemeinsame Besuch einer Aida-Konditorei schreit nach anschließe­ndem Urlaub. Und zwar allein.

Es wird nicht vorrangige­s Ziel des 22-jährigen Elias Hirschl gewesen sein, den Lesern Angst vor der Zukunft zu nehmen. Es gelingt ihm sowieso nicht.

Ein schräger Autor ist das. Man hat nicht das Gefühl, dass er lang an seinem Text feilt. Das Geschriebe­ne wirkt jedenfalls spontan.

Hirschl fiel vor zwei Jahren auf, als im Milena Verlag seine Fantasien unter dem Titel „Meine Freunde haben Adolf Hitler getötet und alles, was sie mir mitgebrach­t haben, ist dieses lausige T-Shirt“veröffentl­icht wurden.

Das war kein Blödsinn: Zeitreisen werden möglich, und deshalb kann sich beispielsw­eise H.C. Strache immer wieder selbst begegnen. Ist das nicht großartig? Wenn stimmt, dass Spinner gute Erzähler sind, dann ist Hirschl ein ziemlicher Spinner.

 ??  ??
 ??  ?? Elias Hirschl: „Hundert schwarze Nähmaschin­en“Verlag Jung und Jung. 328 Seiten. 24 Euro.
Elias Hirschl: „Hundert schwarze Nähmaschin­en“Verlag Jung und Jung. 328 Seiten. 24 Euro.

Newspapers in German

Newspapers from Austria