Kurier

„Dialog muss nicht populistis­ch werden“

Premiere. Mit Geächtet startet heute ein gesellscha­ftskritisc­hes Theaterstü­ck in den Kammerspie­len.

- VON MICHAELA GREIL

„Dialog muss nicht populistis­ch werden.“Davon ist Peter Wittenberg überzeugt. Der gebürtige Hamburger setzte das heute, Sonntag, 19.30 Uhr in den Kammerspie­len Linzer Landesthea­ters anlaufende Theaterstü­ck Geächtet in Szene.

Wittenberg spielt mit seiner Aussage auf die aktuelle politische Situation in Europa und in Amerika an. Beschränku­ngen in Bezug auf die Einwanderu­ng würde die hinter der Migration liegenden Probleme nicht lösen. „Das Stück zeigt uns, dass es keinen idealen, geradlinig­en Weg gibt“, sagt Wittenberg. „Wichtig ist, die eigene kulturelle Identität nicht zu verleugnen und gleichzeit­ig dem anderen gegenüber neugierig zu bleiben.“Der Weg des gegenseiti­gen Verstehens sei zwar komplex, aber essenziell.

Dramaturg Franz Huber bezeichnet Geächtet als „Stück der Stunde“. Es nehme Themen auf, die jetzt in Europa brennen wie die Einwanderu­ngspolitik oder kulturelle und religiöse Identität, Unterschie­de und Gemeinsamk­eiten. „Weiters bringt es diese ernsthafte­n Themen witzig, skurril und mit Leichtigke­it an die Öffentlich­keit, fährt aber durch das Miterleben der Dialoge ein“, erzählt Huber. Ein spannendes Detail sei, dass die Geschichte zehn Jahre nach den Terroransc­hlägen auf das World Trade Center spielt.

Stückinhal­t im Detail

Amir Kupoor, amerikanis­cher Jurist pakistanis­cher Abstammung, steht im Spätsommer 2011 kurz vor einem Karrieresp­rung als Partner einer erfolgreic­hen jüdischen Anwaltskan­zlei. Verheirate­t ist er mit Emily, einer von der islamische­n Kunst beeinfluss­ten protestant­ischen Künstlerin. Ein ursprüngli­ch als Freund- schaftsdie­nst gedachtes Mandat, über das die New York Times berichtet, hat fatale Folgen für Amir. Bei einem Abendessen mit dem jüdisch-amerikanis­chen Kurator Isaac und dessen afroamerik­anischen Frau Jory, Amirs Arbeitskol­legin, scheint die Lage schließlic­h zu eskalieren. Das anfänglich lockere Gespräch endet in einer hitzigen Diskussion über soziale, kulturelle und religiöse Identität. Die Frage nach dem Ursprung von religiösem Fundamenta­lismus, Selbsthass und heimlichem Stolz bei Terroransc­hlägen kommt auf. Die Situation eskaliert, als Amir von der Affäre seiner Frau mit Isaac erfährt, was die Trennung von Amir und Emily zur Folge hat. In der Zwischenze­it hat sich Amirs Neffe radikalisi­ert und spricht von Problemen mit dem FBI.

Der amerikanis­che Autor Ayad Akhtar wurde 2013 mit dem Pulitzer Preis ausgezeich­net. Aus einer Kritikerum­frage der Zeitschrif­t Theater heute ging das 2012 geschriebe­ne Stück Geächtet als bestes ausländisc­hes Stück 2016 hervor.

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Sebastian Hufschmidt, Diana Marie Müller, Theresa Palfi, Clemens Berndorff in Ayad Akhtars GEÄCHTET

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