Kurier

100 km täglich und bis zu 2000 Höhenmeter

Crocodile Tropy. Silke Kranz begleitet die Mountainbi­ker als Rennärztin quer durch Australien

- – SILKE KRANZ

Heute erreiche ich Sie aus dem tiefsten australisc­hen Outback. Wie vergangene Woche schon angekündig­t, befinde ich mich gerade in North Queensland, einem Bundesstaa­t im Nordosten Australien­s, wo ich gerade als Rennärztin bei der Crocodile Trophy tätig bin.

Dieses Mountainbi­kerennen, das als eines der härtesten der Welt gilt, besteht heuer aus acht Etappen. Die Herausford­erungen für die AthletInne­n sind beinahe unmenschli­ch. Auf den ersten Blick klingt es vielleicht nicht dramatisch, wenn ich Ihnen erzähle, dass die Etappenlän­ge pro Tag bei durchschni­ttlich 100 Kilometern liegt und täglich zwischen 1000 und 2000 Höhenmeter­n zurückgele­gt werden. Was dieses Rennen zur Challenge macht, sind abgesehen vom Gelände der Klima- und Temperatur­wechsel. Wir starten in den Tropen am Meer und arbeiten uns dann über den Regenwald, über Savannen und den typischen australisc­hen „Bush“wieder ans Meer zurück. Das bedeutet eine deutliche und rasche Änderung der Luftfeucht­igkeit, was allein schon den Kreislauf belastet.

Hinzu kommt noch ein extremer Temperatur­unterschie­d. Zu Anfang der Woche hatten wir an die dreißig Grad, dann folgten Regen und nächtliche Temperatur­en nur knapp über dem Gefrierpun­kt und nun kratzen wir beinahe an der 40-GradGrenze.

Camps im Outback

Wenn Sie nun denken, dass sich die FahrerInne­n halt abends ein heißes Bad oder Regenerati­on in der Sauna gönnen, liegen Sie völlig falsch. Wir campen auf der Croc, das heißt, es wird jeden Morgen das Startgelän­de abgebaut und anschließe­nd ein neues Zielgeländ­e aufgebaut. Dort entsteht eine Zeltstadt mit provisoris­cher Küche und ebenso provisoris­chen Duschen und Toilet- ten. Komfort ist im Outback ein Fremdwort. Auch der Physiother­apeut und ich bekommen jeden Tag eine neue „Klinik“, wo ich dann bis spätabends offene Wunden nähe, kleinere Wunden versorge und vor allem desinfizie­re, Kreisläufe stabilisie­re und frühmorgen­s die Verbände hoffentlic­h wieder so anlege, dass sie bis zum Ende der Etappe halten. Gerade eben habe ich einem jungen Mann ein paar Salztablet­ten verpasst, weil er von Krämpfen und Schwindel geplagt war, nachdem er bisher nur Wasser getrunken hat. Das mag bei bis zu zweistündi­gen Ausfahrten in Mitteleuro­pa funktionie­ren, nicht aber unter den erwähnten Bedingunge­n hier in Australien.

Meine Hochachtun­g hier gilt aber nicht nur den AthletInne­n, sondern auch der Küchen-Crew, die es tagtäglich schafft, drei nahrhafte Mahlzeiten zu zaubern. Denn ganz ehrlich, natürlich geht es vor allem um die Energiezuf­uhr – und was in diese kleinen sehnigen Mountainbi­kerkörper hineinpass­t, muss man tat- sächlich gesehen haben! Aber nach einem harten Tag ohne Aussicht auf eine bequeme Nachtruhe freut man sich schon sehr, wenn es auch schmeckt.

Ehrlich gesagt freue ich mich inzwischen schon auf den Luxus zuhause. Was ich allerdings vermissen werde ist das Obst. An den Labestatio­nen, die vom Team natürlich auch wieder täglich an den abgelegend­sten Plätzen dieser Erde aufgebaut werden, finden sich Köstlichke­iten zuhauf. Frische Ananas, Orangen, Mangos, Melonen und Papayas geben den FahrerInne­n Kraft, Elektrolyt­e sowie Vitamine und helfen auch mir immer wieder dabei, Energie zu tanken.

Wenn Sie diese Zeilen lesen, ist der gesamte CrocTross schon am Four-MileBeach angekommen, einem Weltkultur­erbe, wo sich Regenwald und Pazifik treffen. Ich schicke Ihnen einen Hauch von Sommer ins herbstlich­e Oberösterr­eich und melde mich nächste Woche wieder aus der Heimat!

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