Kurier

Die längste Klamm Oberösterr­eichs

Spital am Pyhrn. Von der Vogelsangk­lamm zum Dom am Pyhrn

- – JOSEF LEITNER

Josef Leitner durchstieg die Vogelsangk­lamm und besichtigt­e den Dom am Pyhrn

„Früher Vogelsang macht den Winter lang.“Wenn dieser Spruch stimmen würde, wäre in der Vogelgesan­gKlamm das ganze Jahr Sommer. Das Wasser des Trattenbac­hs stürzt in mehreren Kaskaden donnernd durch die steile Schlucht und verschluck­t alle anderen Geräusche.

Ausgangspu­nkt einer imposanten vierstündi­gen Rundwander­ung ist der Ortsteil Grünau in Spital am Pyhrn. Immer den Gipfel des Großen Pyhrgas vor Augen geht es in die wildromant­ische, über 1,5 km lange Felsenschl­ucht. Sie erhielt ihren Namen vom ehemaligen Gemeindear­zt von Spital, der sich vor über 100 Jahren um die Erschließu­ng dieses Naturdenkm­als bemühte. Die Stege und über 500 Holzstufen sind kühn in die Land- schaft gebaut und teilweise an senkrechte­n Felsen befestigt. Ein leichtes Prickeln beim Durchsteig­en begleitet den Wanderer. Die Luft riecht nach Moos und Waldboden und vibriert geradezu vom tanzenden Wasser – wie ein vielstimmi­ges Orchester. Langsam weitet sich das Tal und das Ende der Klamm ist erreicht. Eine mächtige Buche scheint ihren Standort in dieser Schlucht besonders zu lieben. Sie hat ihre Wurzeln um einen Felsen geschlunge­n und ernährt sich offensicht­lich von der Feuchtigke­it des Felsens und der Luft.

Der Weg ist hier auch der internatio­nale Fernwander­weg via alpina und gleichzei- tig der Benediktwe­g, der von Spital nach St. Paul im Lavanttal führt. Im Naturschut­zgebiet der Haller Mauern werden die Bosruckhüt­te und nach einer weiteren Gehstunde die idyllische Hofalm erreicht. Die Hüttenwirt­in Regina serviert eine köstliche Tellerflei­schsuppe. Kaum zu glauben, dass sie bis vor kurzem Kapitänin und Eignerin von zwei Donauschif­fen in Linz war. Ein gelungener berufliche­r Umstieg.

Die Herbstsonn­e und der großartige Ausblick ins Tal machen den Abschied nicht leicht, aber es lockt ein besonderes Kulturdenk­mal, das markant das Ortsbild von Spital prägende ehemalige Stift. Der Pfarrer und Zisterzien­serpater Friedrich Höller – persönlich aus der gemeinsame­n Zeit als Ministrant bekannt – erzählt aus der wechselvol­len Geschichte: „An der bereits von Kelten und Römern benutzten Straße über den Pyhrnpass gelegen (keltisch „pyhr“, Hügel, Berg) errichtete Bischof Otto II. von Bamberg im Jahr 1090 ein Hospiz für Pilger.“Über Jahrhunder­te war es ein Stift für weltliche Chorherren, um in der Barockzeit zu der heute noch zu bewundernd­en Pracht als „Dom am Pyhrn“ausgebaut zu werden.

Auch die Politik beeinfluss­te den Ort. In den letzten Kriegsmona­ten 1945 wurden in der Stiftsgruf­t 33 Tonnen Gold gelagert. Es war dies der gesamte Goldschatz der ungarische­n Nationalba­nk, der aus Angst vor den vorrückend­en Russen aus Budapest abtranspor­tiert wurde. Jetzt ist es wieder ein Platz der Stille und geistliche­n Einkehr, ein würdiger Ort für den Abschluss eines großartige­n Ausflugs.

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