Ein Rohrbruch im Himmel
Wetter. „Es regnet bis Dienstag“, sage ich. „Heute ist Dienstag“, erwidert sie. „Nein, bis nächsten.“
Unverträglichkeiten sind im Moment en vogue. Bei Menschen geht es da meist um Nahrungsmittel. Beim Beagle kann davon keine Rede sein. Allerdings leidet Daria unter einer weit schlimmeren Beeinträchtigung: der totalen Regenunverträglichkeit.
Daria hat zwei Ohren – nicht zu klein – und damit hört sie den Regen, ohne aus der Tür zu schauen. Sie weiß also, dass es draußen schüttet und bleibt stur im Hundekorb liegen. Heute wendet sie die Vogel-StraußTechnik an: den Kopf unter Stofftieren vergraben, damit ich sie nicht sehen kann.
Ich: „Daria! Komm! Jetzt!“Sie stellt sich abwesend. „Daria! Wir müssen raus!“
Mir scheint, ich höre unter den Stofftieren ein trotziges: „Ich nicht. Wenn du musst, geh allein!“Meinen Hinweis, dass der Stoffwechsel den Hund viel eher nach draußen dränge als den Menschen, lässt sie nicht gelten: „Ich muss jetzt noch nicht, warten wir, bis der Regen auf hört“. Das zwingt mich zu der Bemerkung: „Laut Wetterbericht regnet es bis Dienstag. Das hält deine Blase nicht durch.“Sie zieht die Schnauze unter den Stofftieren hervor und schaut prüfend, ob ich verrückt geworden bin: „Heute ist Dienstag, also warten wir.“
„Nein, bis nächsten Dienstag“, werfe ich ein. „Haha, sehr witzig“, antwortet sie, ohne ernsthaft amüsiert zu wirken.
Ich beende die Diskussion und zwinge sie zum Aufstehen, indem ich eine Spur aus Hundekeksen vom Korb bis zur Eingangstür lege. Sie folgt der Spur. Erst als sich die Tür hinter ihr schließt und ich ihr das Halsband anlege, wird Daria klar, dass sie in die klassische Beagle-Falle getappt ist.
Wir gehen los. Der Regen lässt vermuten, dass ein Rohrbruch im Himmel stattgefunden hat. Daria versucht, sich unter dem nächsten parkenden Auto zu verkriechen. Spontan mache ich ihr das nach, passe aber nicht darunter.
Ich ziehe sie weiter, sie schaut mich flehend an: „Mach, dass der Regen auf hört!“– „Mach dein Geschäft!“, entgegne ich. „Wie denn, bei dem Wetter?“, knurrt sie.
Wir erreichen den Wald, keine Autos mehr, um sich zu verstecken, keine Dachvorsprünge, um sich unterzustellen. Daria streikt. Ich greife zum äußersten Trick, löse die Leine und laufe in den Wald hinein. Sie will nach Hause, aber nicht ohne mich. Also rennt sie mir nach. Es wird noch ein lustiger Vormittag, der Wald gehört uns allein. „Wenn man erst einmal nass ist, spürt man den Regen gar nicht mehr“, sagt Daria.