Kurier

Ausflug nach „Jamaika“statt Großer Koalition

SPD will in Opposition gehen

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Cem und Christian duzen einander bereits, das blieb auch den Zusehern nicht verborgen – zuletzt, als sich der GrünenSpit­zenkandida­t Özdemir und FDP-Gesicht Lindner im TV duellierte­n. Zwar warfen sie sich allerhand an den Kopf, inhaltlich klaffen die Parteien in der Energie- und Flüchtling­spolitik weit auseinande­r; was sie aber eint: beide wollen mitregiere­n und schätzen einander durchaus.

Keine andere Wahl

Aus Sicht der Demoskopen hat Kanzlerin Merkel gar keine andere Wahl, als mit ihnen zu verhandeln. Denn rechnerisc­h geht sich nur „Jamaika“aus, ein Bündnis zwischen schwarzen Christdemo­kraten, gelben Liberalen und grünen Ökos – zu dem es nach FDP-und Grünen-Angaben vom Sonntagabe­nd aber „nicht automatisc­h“kommen wird.

Einzige Alternativ­e für Merkel wäre eine Neuauflage der Großen Koalition gewesen. Allerdings kündigte SPDChef Schulz an, in Opposition zu gehen.

Einige Genossen hatten gehofft, in einer neuerliche­n Regierung viel durchzubri­ngen. Bereits vor vier Jahren konnten sie einige der Kernforder­ungen, wie den Mindestloh­n, umsetzen. Auf der anderen Seite mehrten sich die Stimmen, die eine Erneuerung herbeisehn­ten – in der Opposition. Dort kann sich die SPD nun neu erfinden und der rechten AfD Paroli bieten.

Riskante Variante

Eine neue „GroKo“wäre für Stillstand gestanden. Überrasche­n könnte Merkel mit „Jamaika“. Sogar der Unionspart­ner, CSU-Chef Seehofer, ist dem nicht mehr so abgeneigt, bittet die SPD aber dennoch, trotz Opposition­s-Ansage für Gespräche offen zu bleiben.

Für Seehofer ist entscheide­nd, wer mit am Verhandlun­gstisch sitzt. Mit der FDP kann er gut, mit den Grünen weniger. Ausnahme: Winfried Kretschman­n, der grüne Ministerpr­äsident BadenWürtt­embergs, findet scharfe Worte gegen straffälli­ge Asylwerber und nimmt den Diesel in Schutz – ganz nach Seehofers Geschmack.

Ob damit auch die grüne Basis kann? „Jamaika“könnte ein abenteuerl­icher Ausflug werden, bei dem es am Ende auch viele enttäuscht­e Gesichter gibt.

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FDP-Chef Lindner könnte eine Dreierkoal­ition ermögliche­n

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