Die „Landshut“kehrte heim – ein Stück deutscher Terror-Geschichte
Deutschland/Brasilien. Die 1977 von RAF-Unterstützern entführte und vom Anti-Terror- Team GSG 9 gestürmte Boeing 737 wird am Bodensee ausgestellt.
Die tropischen Temperaturen auf dem Flughafen im brasilianischen Fortaleza forderten ihren Tribut. Von der einst stolzen „Landshut“, dem vielleicht berühmtesten und geschichtsträchtigsten Flugzeug der deutschen Nachkriegsgeschichte, ist nur noch ein blassweißes Gerippe übrig geblieben. Doch statt den langsamen Verrottungstod zu sterben, wurde das ehemalige Flugzeug der Lufthansa nun zurück in die Heimat gebracht.
Vor ein paar Tagen begann die Demontage der beiden Tragflächen, am Wochenende erreichte die legendäre Maschine ihren letzten Landeplatz, das Dornier-Museum in Friedrichshafen. Das heißt, sie landete nicht selbst, sondern der Flugzeugrumpf landete im Bauch einer Antonow AN 124 und die Flügel in einer Frachtmaschine vom Typ Iljuschin 76. Rund herum gab es ein Volksfest.
„Heißer Herbst“1977
Bis Mitte Oktober soll die Überführung des Fliegers, dessen Namen im „heißen Herbst“von 1977 jedes deutsche Kind kannte, über den Atlantik Richtung Deutschland abgeschlossen sein. Anlass ist der 40. Jahrestag der Entführung und Befreiung der Ma- schine. So teilt es das Auswärtige Amt in Berlin mit.
Im Oktober 1977 hielt nach der Entführung des Flugzeugs auf dem Weg von Mallorca nach Frankfurt ein mehrtägiges Geiseldrama die 90 schwer geschockten Passagiere, die Besatzung und die ganze Welt in Atem. Dann die große Erleichterung, als das deutsche Polizeikommando GSG 9 im somalischen Mogadischu die Geiseln befreite und drei der vier palästinensischen Entführer tötete. Eine mit den damaligen Einsatzmöglichkeiten waghalsige Anti-TerrorOperation, die den legendären Ruf der GSG 9 begründete. Seitdem hat sich der Name des Flugzeugs in den Köpfen der Deutschen festgesetzt.
Unzählige Male ist das Drama um Jürgen Schumann in Dokumentationen und Spielfilmen erzählt worden. Jenem Kapitän, der am 16. Oktober 1977 bei einem Zwischenstopp auf dem Flughafen Aden von den Entführern mit einem Kopfschuss hingerichtet wurde, obwohl Schumann, der das Flugzeug mit Erlaubnis der Entführer zur Kontrolle kurz verlassen hatte, freiwillig wieder ins Cockpit zurückgekehrt war.
Bis 2008 war das Flugzeug mit der Seriennummer 20254 und dem Luftfahrzeugkennzeichen D-ABCE im Dienst. Nach der Entführung flog die Landshut bis 1985 sogar noch im regulären Liniendienst der Lufthansa. Co-Pilot Vitor verriet jüngst, er selbst habe den ersten Flug der Landshut nach der Entführung nach London durchführen dürfen. Ein kleiner mentaler Stresstest für das Entführungsopfer, vermutet der Lufthansa-Mann.
Ihre letzten Flüge absolvierte die „Landshut“unter brasilianischer Flagge. Von 2002 bis Januar 2008 war sie als PT-MTB bei der brasilianischen TAF Linhas Aéreas in Dienst, ehe das Flugzeug nach stolzen 38 Betriebsjahren und etwa 60.000 Flügen in Ruhestand ging. Seitdem verrottet das, was von dem einst stolzen Flieger übrig blieb, auf dem Flugzeugfriedhof „Cemitério de Aviões“.
Teil der Geschichte
„Die Entführung der Landshut ist Teil der Geschichte der Lufthansa. Es ist wichtig, die Erinnerung an die Ereignisse von damals wachzuhalten“, sagt Lara Matuschek, Pressesprecherin Lufthansa Group, auf KURIER-Anfrage. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) betonte jüngst, die „Landshut“sei „eine lebendige Zeugin eines wichtigen Moments der Geschichte der jungen Bundesrepublik“.
Ihr letzter Flug führt die „Landshut“mitten hinein ins Geschichtsbewusstsein der Deutschen. Die Rückholung und Aufarbeitung des Flugzeugs verschlingt allerdings Millionen. Die Finanzierung ist laut Medien noch nicht gänzlich gesichert, soll aber von verschiedenen Geldgebern gestemmt werden.