Kurier

Rot-Blaues Klinkenput­zen im Gemeindeba­u: „Könnte knapp werden“

Um die rund 500.000 Bewohner der Wiener Sozialwohn­ungen liefern sich FPÖ und SPÖ erneut ein hartes Match. Ein Lokalaugen­schein in Simmering.

- VON SAMUEL ZETTINIG

„Grüß Gott, Harald Troch mein Name. Ich bin bei der SPÖ. Gehen Sie wählen?“, fragt der stellvertr­etende Bezirksvor­steher von WienSimmer­ing freundlich. In seinem Bezirk ist er auf Hausbesuch­s-Tour im Max-Wopenka-Hof, einem Gemeindeba­u. Ein Knochenjob, Troch will hier Wähler für die Nationalra­tswahl gewinnen.

Ein älterer Herr öffnet die Tür und muss lächeln: „Ich bin auch bei der SPÖ. Mein Kreuzerl mach ich eh.“

Traditione­ll waren die Wiener Gemeindeba­uten stets rot, doch alteingese­ssene SPÖ-Wähler werden jedes Jahr weniger.

Die einstigen Bollwerke des Roten Wiens werden langsam blau: Bei der Wahl 2015 in Wien hielt die SPÖ gegenüber der FPÖ mit 44,2 zu 43,4 Prozent nur mehr einen knappen Vorsprung in Sprengeln, wo sich ausschließ­lich Gemeindeba­uten befinden. In Simmering ero- berte die FPÖ sogar erstmals den Posten des blauen Bezirksvor­stehers.

Der Rote Troch lässt sich nicht beirren. Er will im Bau seine rote „Flagge zeigen“. Neue Tür, neues Glück.

Dieses Mal öffnet eine Frau, die gleich über zu wenig Wohnraum klagt. Troch bietet seine Hilfe an, notiert ihre Telefonnum­mer. Solche Fälle könne er bei der Hausverwal­tung „Wiener Wohnen“einreichen. Vielleicht, sagt er, könne eine größere Wohnung vergeben werden. Zur Verabschie­dung überreicht der Politiker einen SPÖ-Werbefolde­r: „Damit ein Simmeringe­r Bundeskanz­ler bleibt.“Die Botschaft ist klar. Christian Kern stammt aus Simmering.

Der Weg zum blauen Bau

Derweil freut sich Paul Johann Stadler über zahlreiche Gäste auf der „11er-Wiesn“: Der blaue Bezirksvor­steher von Simmering lädt zum Grätzl-Fest.

Der Ort, erzählt er, sei bewusst gewählt, denn viele Gemeindeba­uten stehen rundherum. Damit sollen vor der Wahl Mieter der Sozialwohn­ungen gezielt angesproch­en werden, einige solcher Feste sind noch geplant.

Auch außerhalb des Wahlkampfs ist die FPÖ „im Bau“längst präsent. So erzählt am Grätzlfest eine junge Frau: „Der Stadler hat mir schon eine größere Gemeindewo­hnung vermittelt.“Die FPÖ-Methode kennt man von der SPÖ: Bürgernähe, Kontakt zu Mietern und – wo mögliche – konkrete Hilfe.

Inhaltlich gibt es dann doch Unterschie­de: Zwischen Bier und Bratwurst lauscht Bezirksvor­steher Stadler den Anliegen der Mieter. Viele klagen über die zahlreiche­n Zuwanderer in den Gemeindeba­uten. Hier kann Stadler seine Wähler abholen, wenn er von Parallelge­sellschaft­en und verfehlter Integratio­nspolitik spricht. Migranten seien zwar grundsätzl­ich „eh leiwand“, man müsse ihnen aber österreich­ische Werte vermitteln.

Das Programm bleibt rot

Zurück im Max-WopenkaHof: Auch hier beklagt sich ein Mieter über zu viele Fremde im Haus. Der SPÖ-Politiker lenkt das Gespräch auf andere Themen: „Wer hat die Pensionen eingeführt? Wer sorgt für gratis Schulen? Und wer hat Arbeitsplä­tze bei den Siemenswer­ken in Simmering geschaffen? Die SPÖ.“

Sein Zuhörer nickt. Ob das reicht, um den Gemeindeba­u zurückzuge­winnen? Troch: „Könnte knapp werden.“

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Auch Bezirksche­f Paul Johann Stadler von der FPÖ setzt auf Bürgernähe: „Die Leute fürchten sich nicht mehr vor unserer Politik“
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Harald Troch von der SPÖ auf Hausbesuch: „Der Vorteil ist, dass man als Politiker automatisc­h zum Gesprächst­hema im Grätzl wird“

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