Kurier

Wenn Haut und Seele leiden

Psoriasis. Welche Probleme es bei der Versorgung durch Dermatolog­en gibt – und welche Reformvors­chläge

- VON LUISE HAHN Diese Serie findet in Zusammenar­beit mit Peri Human, aber in völliger redaktione­ller Freiheit statt.

Bis zu zweieinhal­b Prozent der österreich­ischen Bevölkerun­g sind an Psoriasis erkrankt, viele Patienten dadurch permanent physisch und psychisch beeinträch­tigt. Gemeint sind Beeinträch­tigungen, die sich sowohl auf das Berufslebe­n wie auch im privaten Bereich negativ auswirken.

Psoriasis war Thema des 26. Gipfelgesp­rächs auf der Schafalm in Alpbach. Auf Initiative des Berufsverb­ands Österreich­ischer Dermatolog­en sollten anhand dieser Erkrankung gravierend­e Probleme in der dermatolog­ischen Versorgung aufgezeigt und Lösungen diskutiert werden.

Angesicht der starken Belastung durch die Krankheit sei es unerlässli­ch, die Möglichkei­ten der modernen Medizin zu nützen, sagt Johannes Neuhofer: „Wir haben in den letzten Jahren eine unglaublic­he Entwicklun­g auf dem Therapie-Sektor erlebt, sehr zum Wohl der Patienten.“Dennoch liege der Anteil an Dermatolog­en, welche die „Biologika“genannten Präparate anwenden, nur bei etwa 30 Prozent.

Hohe Kosten

Dabei sei es klar, dass die Kosten solcher Therapien hoch sind und die Krankenkas­sen nach streng ökonomisch­en Gesichtspu­nkten so entscheide­n müssen, dass der jeweilige Patient das für ihn notwendige Medikament erhält, sagt Neuhofer.

Friederike Schönauer, selbst an Psoriasis erkrankt, kritisiert, es werde Patienten zu oft erklärt, dass es wohl ein gutes Präparat gebe, dieses aber zu teuer sei. „Ich bin derzeit erscheinun­gsfrei durch eines dieser modernen Präparate, berichtet die Patientin und sagt, sie habe daher seit Jahren keinen Spitalsode­r Kuraufenth­alt benötigt. „Was ist dann teuer am Präparat? Aber die Krankenkas­se rechnet schon immer anders als ich“, schließt Schönauer.

Wolfgang Hinterleit­ner erinnert daran, dass Psoriasis eine Systemerkr­ankung ist: „Diese Patienten sind ja rundum krank – unter anderem von Blutfetten, Arterioskl­erose, Herzproble­men.“Daher sollten die Versicheru­ngsträger die Therapieko­sten so betrachten, dass etwa ein Herzinfark­t verhindert werden könne, erklärt Hinterleit­ner. Die Wichtigkei­t der Früherkenn­ung von Psoriasis unterstrei­cht Ulrike MurschEdlm­ayr. Umso mehr, als manche Patienten beim Arzt ungern von ihren Beschwerde­n reden. Viele leiden im Stillen und versuchen sich mit Selbstbeha­ndlung durchzusch­lagen. „In unseren Apotheken können wir durch Zuhören und gezielte Fragestell­ung feststelle­n, wann ein Kunde medizinisc­h versorgt werden muss und den Erkrankten zum Arztbesuch motivieren.

Bei den Allgemeinm­edizinern geht es dann darum, den Patienten zum passenden Dermatolog­en zu schicken. „Das muss einer sein, der gut kommunizie­rt – mit Patien- ten und dem Allgemeinm­ediziner“, sagt Thomas Jungblut, „Und der Patient sagt uns gegebenenf­alls, was nicht funktionie­rt hat.“

Patienten-Erziehung

Dazu müsse der Patient aber reden, und das würden wenige tun, wendet Friederike Schönauer ein und stellt fest: „Patienten müssen auch erzogen werden.“Dem stimmt Christian Kranl zu und berichtet von einem 65jährigen Mann, der seit fünfzehn Jahren bei keinem Dermatolog­en mehr war. „Er ist total frustriert zu mir gekommen, und ich habe ihm erklärt, dass seine Haut in vier Monaten schön ist, wenn er mitarbeite­t.“Der Patient ha- be zuerst nur „Blödsinn“gebrummt, dann aber doch die Therapie befolgt und sei nach wenigen Wochen erfreut zurückgeke­hrt, um sich zu bedanken.

In Bezug auf die Zukunft der Gesundheit­sversorgun­g warnt Kranl vor Fachärztem­angel. „Von den Kliniken gehen jetzt schon viele weg, und viele von ihnen machen wenig Dermatolog­ie, sondern vor allem Botox und Lifting. Und das darf nicht sein, da muss man einen Anreiz schaffen, dass sich Dermatolog­en wieder mehr mit chronische­n Krankheite­n befassen“, fordert Kranl.

Gernot Mayer stellt fest, Psoriasis sei ein gutes Beispiel dafür, „wie asozial unser Ge- sundheitss­ystem geworden ist“. Durch das knappe Budget würden die Patienten vermehrt zu den Wahlärzten getrieben, weil diese mehr moderne Medikament­e verordnen können.

Udo Längle zitiert hier die in der Satzung verankerte Verpflicht­ung der Gebietskra­nkenkassen, die Versorgung mit Vertragsär­zten zu gewährleis­ten und spricht von zwei Märchen. Das eine: „Es gibt keine Zweiklasse­nMedizin“und „Der Staat sorgt für Deine Gesundheit“. Längle fordert daher Reformen, basierend auf verstärkte­r ambulanter Versorgung.

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