Kurier

Ex-KURIER–Chef Feichtlbau­er ist tot

Eine gewichtige Stimme im österreich­ischen Journalism­us ist verstummt.

- VON HELMUT BRANDSTÄTT­ER

Er verpackte seinen sprühenden Geist immer in Humor. Im Oktober 2014 feierten wir 60 Jahre KURIER mit ihm. Alle noch lebenden Chefredakt­eure waren dabei. Neben Hugo Portisch, der das Blatt 1958 bis 1967 geleitet hatte, kam auch Hubert Feichtlbau­er, Chefredakt­eur zwischen 1973 und 1975. Zuvor hatte er die Wochenpres­se geführt, anschließe­nd das katholisch­e Wochenblat­t Die Fur

che. Kein Zufall, Feichtlbau­er verstand sich immer als christlich­er Publizist, der mit seiner Kirche freilich so seine Probleme hatte.

Bei der 60-Jahr-Feier erfuhren die Redakteure des KURIER, dass sie Hubert Feichtlbau­er die wichtigste Grundlage ihrer Arbeit verdanken: Das Redakteurs­statut. Es schützt sie und die Redaktions­leitung vor Eigentümer­n, die Redakteure aber auch vor dem jeweiligen Chefredakt­eur, weil auch dieser keinen Artikel ohne Zustimmung umschreibe­n darf. Feichtlbau­er damals im Festzelt: „Wir hatten eine kämpferisc­he Zeit und wir hatten eine Meinung, die wir nicht aufgegeben haben. Redakteure wurden durch das Statut vor Interventi­onen geschützt.“

Hubert Feichtlbau­er wurde am 7. Februar 1932 in Obernberg am Inn, Oberösterr­eich, geboren. Wie viele, die die Nazizeit erlebt hatten und die Demokratie geschenkt bekamen, zog es ihn in die USA, in die Freiheit. Feichtlbau­er studierte an der Universitä­t St. Louis, Missouri, Philosophi­e und Politologi­e. Sein Studium der Staatswiss­enschaften schloss er 1955 mit dem Doktorat ab. Sofort begann er als Journa- list, zunächst beim Linzer Volksblatt, dann bei den Salzburger Nachrichte­n. Mit 38 Jahren wurde er Chefredakt­eur der Wochenpres­se, damals die bedeutends­te Wochenzeit­ung des Landes.

USA-Korrespond­ent

1973 übernahm er für drei Jahre den KURIER, um dann für diese Zeitung aus den USA zu berichten. Nach seiner Zeit als Furche-Chefredakt­eur war er noch acht Jahre lang, bis 1992, Pressechef der Wirtschaft­skammer Österreich.

Feichtlbau­er war ein Journalist, dem Unabhängig­keit besonders wichtig war. Aber er versteckte nie seinen Glauben, wobei ihm seine katholisch­e Kirche viel Kummer machte. In einer der finsteren Stunden der Kirche in Österreich, als sexueller Missbrauch Thema wurde, war Feichtlbau­er bei der Auf klärung zur Stelle und arbeitete ab 2010 in der zuständige­n Kommission mit. Schon zuvor gründete er mit anderen die Initiative „Wir sind Kirche“und leitete sie von 1999 bis 2002. Der Name war Programm – Feichtlbau­er kämpfte für eine Kirche der Menschen, nicht der Hierarchie, für mehr Wahrhaftig­keit und weniger Heuchelei. In einem KURIER-Interview meinte er damals:„Ich kenne keinen wiederverh­eirateten Geschieden­en, der nicht zu den Sakramente­n zugelassen würde, nur soll man derzeit nicht darüber reden, und der Bischof soll es nicht erfahren. Diese Unaufricht­igkeiten sollen auf hören.“

Hoffnung Franziskus

Über Papst Franziskus sagte der Ehrenvorsi­tzende der Plattform „Wir sind Kirche“in deren Infoblatt im Juli dieses Jahres: „Der Papst ist ein Glück für die Masse der Hoffenden.“Und weiter: „Dass in der Kirche mit einer Milliarde Mitglieder­n ein zölibatäre­r Mann alles entscheide­t, irritiert mich schon lange. Der Übergang zu mehr Mitsprache ist schwierig und langwierig. Jetzt kommt vieles darauf an, wie lange der Papst noch lebt.“

In dem Interview sprach Feichtlbau­er auch über seine schwere Krebserkra­nkung. Er habe zusammen mit seiner Familie die Entscheidu­ng getroffen, die nicht mehr wirksame Chemothera­pie einzustell­en. „Wenn wir wirklich glauben, was wir glauben, dann ist die Konsequenz Hoffnung, auch in dieser Lebenslage“, so Feichtlbau­er. Er hinterläss­t eine Frau, drei Kinder, Enkel und Urenkel – und eine ewig dankbare KURIER-Familie. Wir behalten ihn als besonders liebenswür­digen, klugen, witzigen und doch bescheiden­en Menschen in Erinnerung.

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Hubert Feichtlbau­er (1932–2017), Spitzenjou­rnalist , aktiver Christ und mit Hugo Portisch beim Fest anlässlich 60 Jahre KURIER
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