Kurier

Sie sagen Migration – und meinen sich selbst

Viele Menschen haben Angst vor der Zukunft, auch in Form der Zuwanderer. Wer kann die Angst nehmen?

- HELMUT BRANDSTÄTT­ER

Angela Merkel hat die Wahl verloren, blieb aber unbestritt­en Nummer 1 – mit einer Beule eben, wie der KURIER am Montag schrieb. Wichtigste­s Wahlmotiv gegen ihre Union war klarerweis­e die Flüchtling­sfrage. Alleine 2015 sind 890.000 Menschen nach Deutschlan­d zugereist, seither noch Hunderttau­sende mit allen damit verbundene­n Problemen. Und dennoch hat Merkel recht gut abgeschnit­ten und 33 Prozent erhalten, nur unwesentli­ch weniger als im Jahr 2009.

Nach allen Befragunge­n war Migration das wichtigste Wahlmotiv und wird es auch bei uns sein. Der SPD hat das mehr geschadet als Merkel. Viele Menschen beklagen den Verlust an Sicherheit, meinen damit aber nicht den Mangel an Polizisten, sondern ihr eigenes Gefühl, sich in einer immer fremder werdenden Welt nicht zurechtzuf­inden. Unbekannt und fremd wirken da nicht nur manche Gesichter, unbekannt ist die wirtschaft­liche Zukunft, befremdend der schnelle, oft verstörend­e Umgang miteinande­r auf den (un-)sozialen Medien.

AfD-Sprachrohr Gauland hat seine gestrige Aussage „Wir wollen unser Land zurück“rassistisc­h angelegt. Hätte er gesagt „Wir wollen unsere Lebensweis­e zurück“, hätte er auf anständige Weise das Lebensgefü­hl von mehr Menschen getroffen, sogar von manchen, die in der DDR gelitten haben, weil es damals im Zweifel berechenba­r war. Das ist heute nichts mehr. Aber selbst diese Aussage wäre nur pure Verzweiflu­ng, denn es gibt kein Zurück aus der Globalisie­rung. Das haben die Populisten verstanden und spielen damit – ohne Lösungen. Die anderen Politiker trauen sich nicht zu sagen, dass sie auch überforder­t sind. Das gemeinsame Erarbeiten von Ideen wäre notwendig, aber das können nur wirklich starke Führungspe­rsönlichke­iten.

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