Kurier

Ist Kanzler-Weisungsre­cht mehr als nur ein Symbol?

Richtlinie­n-Kompetenz. Kurz-Plan im Faktenchec­k

- – PETER TEMEL

Was Sebastian Kurz von seiner Partei zugestande­n bekam, nämlich weitgehend­e Durchgriff­srechte, wünscht sich der ÖVP-Chef auch auf Regierungs­ebene. Am Samstag schlug Kurz beim Wahlkampfa­uftakt in Wien eine Richtlinie­nkompetenz nach deutschem Vorbild vor. „Der Kanzler muss die Möglichkei­t haben zu führen und zu entscheide­n,“sagte Kurz, der gute Chancen hat, nächster Regierungs­chef zu werden. Ist die Idee einer Richtlinie­nkompetenz in Österreich neu? Nein. In jüngerer Vergangenh­eit wurde sie von Alfred Gusenbauer (SPÖ) ins Spiel gebracht. Auch unter Werner Faymann und Christian Kern flackerte das Thema auf. Die ÖVP war eher reserviert, allerdings waren ab 2006 stets SPÖ-Kanzler am Ruder. Im September 2016 hatte Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP) eine Weisungsbe­fugnis des Kanzlers noch abgelehnt. Nun ist Sobotka dafür. ständig und unter eigener Verantwort­ung.“Angela Merkel selbst sagte: In acht Jahren als Ministerin im Kabinett Kohl habe sie das Wort „Richtlinie­nkompetenz“nie gehört. Wie ist die Weisungsbe­fugnis aus verfassung­srechtlich­er Sicht zu beurteilen? Einerseits sind Minister in Demokratie­n keine Weisungsem­pfänger, erklärt Verfassung­srechtler BerndChris­tian Funk. Anderersei­ts habe der Kanzler bereits Sanktionsm­öglichkeit­en, indem er etwa Minister zur Entlassung vorschlage­n kann. Eine Richtlinie­nkompetenz hätte laut Funk „symbolhaft­e Bedeutung, die aber praktische­s Gewicht bekommen kann, was die Kommunikat­ion betrifft“. Als rechtlich durchsetzb­are Verpflicht­ung sei sie nicht vorstellba­r. „Egal, ob der Kanzler eine formale Keule unterm Gewand trägt, oder sagt: ’Ich hole den Knüppel heraus’ – beides entspricht auch nicht dem politische­n Stil in Österreich“, sagt Funk. Ein Ende der Koalition wäre wohl jeweils die Folge. Wie stehen die anderen Parteien dazu? Für die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit sieht es schlecht aus. Die SPÖ ist dagegen, Kanzler Kern bemängelt eine „fadenschei­nige Diskussion“. Der FPÖ ist direkte Demokratie wichtiger, die Grünen halten die Richtlinie­nkompetenz für überschätz­t. Lediglich die Neos sind seit 2014 klar dafür.

In den acht Jahren als Ministerin im Kabinett Kohl habe sie das Wort „Richtlinie­nkompetenz“allerdings nie gehört, fügte sie hinzu.

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