Kurier

„Die AfD-Wähler kamen nicht

Spurensuch­e. Die AfD hat die großen Volksparte­ien überrollt – entschiede­n hat das wieder mal der Osten. Dass die Partei am Tag nach der Wahl ins Chaos abgleitet, scheint egal: Die AfD wird bleiben, ist man sich sicher.

- (siehe auch Artikel rechts).

„Die Mauer lebt.“Wer sich am Tag nach der Wahl unter Beobachter­n umhörte, hatte den Eindruck: Im Osten, da liegt ein Land, das keiner versteht. Denn dass die Wahl am Sonntag zum Debakel für CDU und SPD wurde, haben die beiden Volksparte­ien hauptsächl­ich den neuen Bundesländ­ern zu verdanken – 22,5 Prozent wählten dort die AfD, was sie auf Platz zwei hievte; in Sachsen schaffte sie sogar Platz eins. Wie kann das sein, in einem Land, das von einer Ostdeutsch­en regiert wird?

„Die AfD-Wähler kamen nicht aus dem Nirwana“, sagt Peter Matuschek, Chef des Meinungsfo­rschungsin­stituts Forsa. Für ihn und viele andere Beobachter ist die AfD mehr Symptom als ideologisc­her Ausdruck: Schon lange gebe es im Land, und da vor allem im Osten, ein gewisses Maß an Unzufriede­nheit, das aber politisch unterreprä­sentiert sei. Wie unterm Brennglas sehe man das im Osten: Dort sind die Wähler besonders wankelmüti­g – dort war das Vertrauen darauf, dass die Politik sich für den Einzelnen einsetzen werde, lange am größten; umso größer ist darum auch die Entfremdun­g, wenn sich die Politik nicht kümmert. 1990 sicherte der Osten, obwohl er nur 15 Prozent der Wähler stellt, dem abgeschrie­benen Helmut Kohl den Sieg; 1998 machte er Gerhard Schröder zum Kanzler, weil er Wandel versprach. Nach den HartzGeset­zen hievte man Angela Merkel ins Kanzleramt – insofern scheint es nur logisch, dass gerade Angela Merkel als Ostdeutsch­e die Zielscheib­e des Frusts geworden ist.

„Die Frustriert­en“

CSU-Mann Edmund Stoiber schimpfte darum mal, dass es nicht ständig sein dürfe, „dass die Frustriert­en über das Schicksal Deutschlan­ds bestimmen“. Aber stimmt das auch nur ansatzweis­e? Nicht wirklich. Selbst Merkel stellte am Tag nach der Wahl selbstkrit­isch fest, dass „manche sich verlassen fühlen“; und ja – das ist auch der einzige Titel, unter dem sich die AfD- Wählerscha­ft zusammenfa­ssen lässt: Denn sie ist weder – wie vielfach vermutet – sozial noch ökonomisch abgehängt, sondern ein inhomogene­s Sammelbeck­en aus enttäuscht­en Konservati­ven , EU-Skeptikern, und solchen, die sich kulturell wie ökonomisch übersehen fühlen

Dass darunter auch Nazis seien, sei klar. Aber: „AfDWähler sind nicht notwendige­rweise AfD-Anhänger“, sagt Nico Siegel, Chef des Instituts Infratest dimap – viele könnten mit dem rechtsextr­emen Gedankengu­t gar nichts anfangen. Dass die Partei ungeachtet ihrer Äußerungen darum ständig ins Nazi-Eck gestellt werde, und dass sich alle anderen Parteien unter diesem Aspekt an ihr abgearbeit­et hätten, habe ihr darum auch mehr geholfen als geschadet: Der Wähler, der durch sie seinen Protest ausdrücken wollten, habe sich durch die Beschimpfu­ngen selbst beleidigt gefühlt.

Partei vor Spaltung?

Dementspre­chend wenig Folgen werde es haben, dass

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