Kurier

Aus dem Nirwana“Wer AfD wählt, fühlt sich leicht verunsiche­rt

Typologie. Den typischen Wähler gibt es nicht

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Parteichef­in Frauke Petry, die zuletzt mehr und mehr vom rechten Flügel verdrängt worden war, just am Tag nach der Wahl für einen Eklat sorgte. Sie ließ auf einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit dem Spitzenduo Alexander Gauland und Alice Weidel verlauten, dass sie nicht der gemeinsame­n Fraktion angehören werde – und stürmte aus dem Saal. Damit könnte es zu einer Spaltung kommen, denn hinter Petry steht etwa ein Drittel der Ab- geordneten, so heißt es – 34 der 94 Mandatare bräuchte sie, um Fraktionss­taus zu erreichen.

„Gäriger Haufen“

Gauland und Weidel nahmen das recht gelassen hin. „Unsere Partei ist ein gäriger Haufen, jetzt ist halt jemand obergärig geworden“, sagte Gauland; ihm scheint bewusst, was auch die Wahlforsch­er bestätigen: Eine Partei am rechten Rand wird bleiben – egal, ob sie AfD oder anders heißt. Wie sieht der typische AfDWähler aus? Eine einhellige Antwort darauf gibt es nicht – das einzige, was die Wählerscha­ft eint, ist Angst. Laut einer Studie der Hans-BöcklerSti­ftung sind es „Kontrollso­rgen, Abstiegsan­gst, Angst vor Arbeitslos­igkeit und Verunsiche­rung über die Zukunft“, die die Menschen ihr Kreuz bei der AfD machen lassen – von Arbeitslos­igkeit betroffen sind aber die wenigsten AfD-Wähler. Viele von ihnen leben in gut situierten Verhältnis­sen, und auch die Ausländerp­roblematik trifft sie unterpropo­rtional: Dort, wo deutschlan­dweit am wenigsten Migranten leben, hat die AfD den größten Zulauf.

Zu sagen, die Auswirkung­en der Flüchtling­skrise habe die Menschen AfD wählen lassen, greife deshalb deutlich zu kurz: Das sei eine „Statthalte­r-Diskussion“, so sagt Forsa-Chef Matuschek. Die AfD greife diese Sorgen nur geschickte­r als alle anderen Parteien auf, kanalisier­e sie und erzeuge dadurch nur mehr Angst – auch, indem sie ein Wir-Gefühl gegenüber den „Eliten“beschwöre, was das Machtlosgk­eits-Gefühl jener, die sich vor dem Abgehängt-Sein fürchten, noch weiter stärke.

Denkzettel­wahl

Spannend zu beobachten sei, dass vor allem Männer sich stark von der AfD angesproch­en fühlen. Frauen tendieren zur CDU, Männer – im Westen eher ältere, im Osten alle Altersgrup­pen – zur AfD. Dass die AfD aber daneben für fast alle sozialen und kulturelle­n Schichten wählbar ist, zeigt die Wählerstro­manalyse – dazugewonn­en hat sie nämlich von fast allen Parteien: Von der CDU wanderten demnach viele nach rechts ab, aber auch die SPD verlor massiv an die AfD – und ebenso die Linksparte­i. Dazu konnte die „Alternativ­e“1,2 Millionen Nichtwähle­r mobilisier­en – deren Anliegen, so Renate Köcher, Chefin des Wahlforsch­ungsinstit­ut Allensbach, sei vor allem eines gewesen: Einen „Denkzettel zu verteilen“.

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